Bildung ist teuer, sehr teuer. Dennoch darf davon keiner abgehalten werden, das ist ein demokratiepolitischer Anspruch. So weit herrscht – halbwegs – Konsens in Österreich. In der Schule sind die Lehrbücher daher kostenfrei, der Staat kommt dafür auf. Anders an den Universitäten. Hier sind Skripten kostenpflichtig.
Rechnet man die Preise jener Skripten zusammen, die an der Wirtschaftsuni (WU) allein im Rahmen der erstsemestrigen Studieneingangs- und Orientierungsphase (Steop) für die Prüfungen gekauft werden müssen, kommt man auf satte 90 Euro – für vier Prüfungen wohlgemerkt. Eh nicht so viel? Dann rechnen wir einmal weiter: Bei 3.000 Erstsemestrigen macht das in Summe 270.000 Euro. Dazu kommt noch, dass hier nicht von Einmalzahlungen die Rede ist. Denn jedes Jahr kommen tausende Studienanfänger an die WU, und um diese Skripten kommt man nicht herum.
Versteckte Unigebühren?
Wohin fließt das Geld? Zieht man die Kosten für Druck und Bindung ab, hat sich der Betrag kaum verkleinert. Ein Teil des Geldes fließt als Steuer an den Staat, das wird auf der Rechnung ja auch ausgewiesen. Dann ist aber auch schon Schluss mit der Transparenz. Wie viel Geld geht an die Verlage? Bekommen die Unis etwas, gleichsam als versteckte Studiengebühren? Wichtiger: Wie viel bekommen die Autoren, die meistens die jeweiligen Professoren sind? Diese werden ja schon vom Staat beziehungsweise von der Uni für ihre Tätigkeit bezahlt, und die Skripten werden wohl in der bezahlten Arbeitszeit geschrieben. Wie kommt der Steuerzahler nun dazu, dafür nochmal zu zahlen?
Und welche Rolle spielt die Hochschülerschaft – in meinem Fall die ÖH WU? Möglichkeiten, etwas zu ändern, hätte sie genug. Sie könnte etwa einfordern, dass Skripten in der Bibliothek ausgeliehen werden dürfen. Derzeit ist das an der WU-Bibliothek bei Skripten jedoch nicht möglich, sondern nur bei Publikationen, die extern geschrieben wurden und nicht dem Management-Book-Service, einer Facultas-Tochter, unterliegen. Weiters könnte die ÖH WU darauf bestehen, dass alle Skripten im Repositorium der WU abgelegt werden und so von den Studierenden gratis heruntergeladen werden könnten. Doch die ÖH WU betreibt derzeit einzig eine Bücherbörse. Sich die Skripten dort zu besorgen macht jedoch wenig Sinn: Alle zwei Jahre wird ein neues Skriptum veröffentlicht, Änderungen darin sind natürlich prüfungsrelevant.
Freier Zugang
Stellen wir uns doch generell die Frage, ob dieses teure System von gedruckten Skripten noch zeitgemäß ist. Weltweit kämpfen Hochschulen gegen Verlage, um sich von den hohen Kosten für das Publikationswesen zu befreien. Die Digitalisierung bietet heute Alternativen an. Das Thema Open Access – der freie Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen über das Internet – wird so intensiv wie noch nie diskutiert. Die Arbeitsgruppe des Open Access Network Austria (OANA) sprach kürzlich die Empfehlung aus, bis 2025 die gesamte wissenschaftliche Publikationstätigkeit, die aus öffentlichen Mitteln hervorgeht, auf Open Access umzustellen. Österreich selbst ist hierbei also Vorreiter und Vorbild für andere Staaten. Nur nicht, wenn es um Studierende geht? Bei finanziellen Hürden für das Studium jeglicher Art erfolgt von der Hochschülerschaft – zu Recht – rasch ein Aufschrei. Die finanzielle Hürde teurer Skripten wird jedoch geduldet. Die ÖH WU sieht zu. Warum? (Jakob Sturn, 4.12.2015)