"Jeder, der an einer typischen Stammtischrunde sitzt und einen Laptop dabeihat, gilt als verdächtig und kann vorbeugend überwacht werden", warnt Pilz.

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Wien – Seit der exakte Wortlaut des umstrittenen Staatsschutzgesetzes vorliegt, auf das sich Rot und Schwarz unlängst medienwirksam geeinigt haben, wird ersichtlich, wen aller die Verfassungsschützer bald noch ins Visier nehmen können. Denn das Regelwerk, mit dem ab Mitte 2016 die Umtriebe von Islamisten, Extremisten, Spionen und Waffenschiebern leichter verfolgt werden sollen, listet gleich mehrere Dutzend Delikte auf, die als "verfassungsgefährdende Angriffe" gewertet werden. Besonders pikant: Künftig werden solche offenbar auch Personen zugetraut, die Hasspostings verfassen könnten – der bloße Verdacht genügt, dass man als potenzieller Gefährder in den Fokus der Ermittler gerät, kritisiert der Grüne Peter Pilz.

Aufforderung zu terroristischen Straftaten fehlt

Konkret bezieht er sich dabei auf die Nennung der Paragrafen 282 und 283, mit denen "die Aufforderung zu mit Strafe bedrohten Handlungen" und deren "Gutheißung" sowie "Verhetzung" unter Strafe gestellt sind, soweit sie "ideologisch oder religiös motiviert" sind. Fast absurd: Auf die explizite Anführung von Paragraf 282a haben SPÖ und ÖVP anscheinend vergessen: "die Aufforderung zu terroristischen Straftaten" und deren "Gutheißung", die Jihadisten im Netz oft recht ungeniert betreiben.

Jede Stammtischrunde mit Laptop verdächtig

"So aber gilt quasi jeder, der an einer typischen Stammtischrunde sitzt und einen Laptop dabeihat, als verdächtig und kann vorbeugend überwacht werden", warnt Pilz – und dazu kommen noch all jene Personen, die mit möglichen Hasspostern Kontakt haben. Auch deren Daten dürfen in der neuen Analysedatenbank des Verfassungsschutzes bis zu fünf Jahre lang gespeichert werden, die Behörde selbst rechnet aber nur mit bis zu 50.000 Personen, deren Koordinaten dort eingespeist werden. In Anspielung auf die wilde Abgeordnete Susanne Winter, die als blaue Mandatarin einem antisemitischen Facebook-Beitrag zugestimmt hat, meint der Grüne trocken: "Mit diesem Gesetz kann man gleich auch den gesamten FPÖ-Klub im Parlament unter Observation stellen."

Neue Vorratsdatenspeicherung befürchtet

Pilz hofft nun auf die Nachverhandlungen, die SPÖ und ÖVP der Opposition in Aussicht gestellt haben. Denn für ihn bedeutet das vorgesehene Staatsschutzgesetz in der aktuellen Fassung "den Zugriff auf Daten wie sie in der Vorratsdatenspeicherung erfasst waren – und das erstmals ohne richterliche Kontrolle". (Nina Weißensteiner, 4.12.2015)