Bei "Formen Formen" werden die Besucher zu Zeugen eines Spiels zwischen Dingen und Körpern.

Foto: Julian Weber

Wien – So etwas kommt gerade zur richtigen Zeit. Während sich alle Welt zu Recht aufgrund von Anschlägen Sorgen macht, wehrt Choreograf Julian Weber diese mit einer Idee ab, die er Formen Formen nennt. Im Wiener Brut Theater beschäftigen sich unter diesem Titel derzeit fünf von einer Musikerin begleitete Tänzerinnen und Tänzer mit bunten Skulpturen.

Eskapismus ist das nicht. Eher ein Wink mit dem Zaunpfahl auf die aberwitzigen Tiefen der europäischen Kultur, die oft unter deren spiegelnden Medien- und Produktfetischismus-Oberflächen verborgen bleiben. Bei Formen Formen kann man nun unter die Spiegel tauchen. Die Besucher werden zu Zeugen eines Spiels zwischen Dingen und Körpern.

Webers streng geometrische Objekte erinnern, abgesehen von der Farbgebung, an die konkreten Skulpturen des Künstlers Jo Niemeyer. Die Tanzenden haben eine harte Herausforderung zu bewältigen. Denn jedem Körper ist ein Ding zugewiesen, das sich keinesfalls direkt mit ihm verbinden lässt. Denn keine der Skulpturen hat eine Werkzeugfunktion. Folglich passieren Zuweisungen: In kurzen Wortwechseln wird eine hohe schwarze Kante als eine Bank und ein in den Logofarben eines Telekommunikationskonzerns gehaltenes Stück mit dessen Firmennamen bezeichnet.

So zeigt sich, dass die Objekte den Spieß sehr schnell umdrehen können und ihr Spiel mit den Körpern zu treiben beginnen – gerade da die so viel Aufwand treiben, sich diese abweisenden Gegenstände "einzuverleiben". Die geometrischen Körper scheinen sich dabei über jene aus Fleisch und Blut geradezu zu mokieren.

Das wissen die Beteiligten, darunter Größen wie Meg Stuart und Nik Haffner, und der Choreograf natürlich. Und sie mühen und wehren sich gegen die Interesselosigkeit von Kante, Achteck oder Quader. Sie lassen in ihren Körpern Geschichten ablaufen, die diese erbeben, zittern, hampeln machen. Das humorvolle, aber doch nie spaßige Spiel endet mit einem Patt. Um zu beweisen, dass sie nicht klein beizugeben gewillt sind, bauen die Tänzerinnen und Tänzer vier Strukturen aus den fünf Formen. Unterstützt werden sie dabei von Els Vandeweyer, die auf Rollschuhen zwischen ihren beiden Xylofonen hin und her fährt, zwei durch ihre offenkundige Funktionalität gefügigen Dingen also, die als Komplizen der menschlichen Körper – im wahrsten Sinn des Wortes: dienen. In solcher Form bringt Weber eine durchtriebene und großartige Arbeit unter die Leute. (Helmut Ploebst, 4.12.2015)