Nikolaus Harnoncourt hat seine Karriere beendet, ...

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... und zwar mit einem öffentlichen Brief an sein Publikum.

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Wien – Die ersten Konzerte des Concentus-Musicus-Zyklus im Musikverein waren zunächst noch auf das Frühjahr verschoben, für das zweite Programm wurde dann ein Einspringer gefunden. Doch am Samstag, dem Vorabend seines 86. Geburtstags, meldete sich Nikolaus Harnoncourt selbst zu Wort – mit einem Brief an das Publikum, in dem er mitteilte: "Meine körperlichen Kräfte gebieten eine Absage meiner weiteren Pläne."

Die Styriarte wurde in einer Aussendung noch deutlicher und sprach von einem "gänzlichen Rückzug von der Bühne: Die Konsequenzen dieses Rückzugs für die bereits veröffentlichten Projekte der nächsten Monate sind heute noch nicht abzusehen."

Nikolas Harnoncourt bei der Styriarte 2015.
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Die weiteren Abonnementkonzerte des Ensembles im Musikverein in der laufenden Saison sollen ebenso stattfinden wie die zyklische Aufführung der Beethoven-Symphonien bei der Styriarte 2016 – wer sie leiten wird, ist gleichermaßen offen wie die weitere Zukunft jenes Ensembles, das Nikolaus und Alice Harnoncourt 1953 gegründet haben. Einen Ersatz für den Dirigenten kann es einerseits schlichtweg nicht geben. Andererseits ist bei den Mitstreitern des Concentus ein derartiges Wissen und Können versammelt, dass sich daraus sehr wohl ein Zukunftsszenario erahnen lässt, selbst wenn sich das derzeit wohl noch niemand vorstellen kann und will.

Düstere Stimmungslage bei Fans

Die Stimmungslage bei Harnoncourts Bewunderern war am Wochenende entsprechend düster. Tenor Michael Schade, der im Jänner im Theater an der Wien den Florestan in Beethovens "Fidelio" unter Harnoncourts Leitung singen sollte, zeigte sich "auf der einen Seite unfassbar traurig. Auf der anderen Seite jedoch fehlen mir die Worte außer einem großen Danke: einem Danke für die Bildung, die ich durch ihn erfahren durfte, die bei vielen wichtigen Konzerten, Opern und Oratorien atemlose Momente größter musikalischer Wahrheit brachte. Er ist für mich eine Vaterfigur als Musiker und Mensch, und ich habe wahnsinnig viel von ihm gelernt."

Nikolas Harnoncourt bei "Willkommen Österreich" im Jahr 2013.
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Schade hat allerdings, seit er 2013 zum Künstlerischen Leiter der Barocktage Stift Melk berufen wurde, auch im Austausch mit dem Dirigenten die Zukunft des Concentus für eine Zeit nach Harnoncourt auf die Agenda gesetzt: "Jetzt ist es umso wichtiger, das Ensemble, das einen unglaublichen Schatz der österreichischen Musikkultur darstellt, weiter zu fördern."

Einer dieser Pläne stand bereits längere Zeit fest. 2016 wird der Concentus unter anderem von Stefan Gottfried vom Cembalo aus geleitet – einem Musiker, der Harnoncourt schon seit 2004 musikalisch assistierte und der heuer an der Kammeroper auch als Dirigent reüssierte. Sein Name wird bereits genannt, wenn es um die Frage geht, wer für die Zukunft des Ensembles eine wesentliche Rolle spielten könnte. (Daniel Ender, 6.12.2015)