Bill Murray in "A Very Murray Christmas" auf Netflix.

Foto: Netflix

Eigentlich will Bill Murray das alles gar nicht. Aber die Crew ist da, der Vertrag mit dem Sender unterschrieben, also bringt er seine Fernsehshow am Heiligen Abend halt über die Bühne – auch wenn die Galagäste schneesturmbedingt fernbleiben. Begeisterungslos singt er so lange, bis ein Stromausfall ihn erlöst. Dann isst, trinkt und singt er mit den verbliebenen Gästen, und alle sind glücklich. Außer Bill Murray.

Kein Zufall, dass "A Very Murray Christmas" (seit Freitag auf Netflix) von der gleichen subtilen Traurigkeit durchzogen ist wie der Klassiker "Lost in Translation": Regie führte auch hier Sofia Coppola. Die einstündige Geschichte bringt alles mit, was ein gelungenes Weihnachtsspecial braucht: Kunstschnee, heimeliges gemeinschaftliches Singen, opulentes Essen, viel Alkohol und keine allzu substanzielle Story. Dazu Michael Cera ("Juno", "Arrested Development") in seiner ersten Nicht-Loser-Rolle. Für Kitschkulisse und Staraufgebot muss Murray allerdings erst ein Stamperl zu viel trinken und wird dafür im Traum mit Miley Cyrus, George Clooney und vielen nackten Frauenbeinen belohnt.

Dann wird es Morgen, amerikanischer Hauptweihnachtstag. Und "We Wish You A Merry Christmas" endet auf einen Mollakkord.

Traurige alte Männer dürften in dieser Weihnachtssaison im Trend liegen. Nur dass Murrays Weihnachtsdepression nicht mit der Holzhammertränendrüse daherkommt wie der tausendfach geteilte Werbesport eines deutschen Lebensmittelhändlers, in dem der Großvater seinen Tod vortäuscht, um die Familie zusammenzubringen. Murray macht das zart und leichtfüßig. Und es ist ein Riesenvergnügen, ihm beim Traurigsein zuzuschauen. (Sebastian Fellner, 6.12.2015)