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Foto: APA/ERWIN SCHERIAU

Angesichts der durch Europa irrenden Menschenmengen, angesichts der Toten, der in diversen Lagern unmenschlich Behandelten, angesichts des großen Mordens weltweit bleibt manchmal einfach in überwältigender Hilflosigkeit und Angststarre der Mund offen stehen.

Die Kunst spiegelt und begleitet all diese Veränderungen. Das ist unter anderem auch ihr Job. In diesem Augenblick werden unzählige Bücher geschrieben, unzählige Theaterstücke verfasst, werden Filme abgedreht, die sich mit dieser europäischen Herausforderung und diesem europäischen Versagen beschäftigen. Das ist einerseits gut so. Aber auch ein wenig hinterfragenswert. Denn die meisten Bücher, Theaterstücke, Filme werden von Menschen gemacht, die diese Thematik als Beobachter kennen, nicht als jemand, der in dem Prozess befindlich war.

Das ist unter anderem auch in Ordnung, weil eine Sache am besten von mehreren Blickwinkeln aus betrachtet werden soll, um ein möglichst vielstimmiges, ein möglichst komplexes Bild vermitteln zu können. Aber es ist nicht gut, dass so wenige, die aus dem Auge des Sturms berichten könnten, dabei sind. Es ist nicht gut, dass in den meisten Theaterstücken, die von ethnischen Minderheiten handeln, die Vertreter der ethnischen Mehrheit die Rollen der Minderheit zu spielen bekommen: als ob es keine anderen Schauspielenden gäbe. Keine anderen Erzählenden. (Julya Rabinowich, 6.12.2015)