Bild nicht mehr verfügbar.

Der Österreicher Christian Fuchs wird vom Japaner Shinji Okazaki und vom Deutschen Robert Huth ins Zentrum genommen. 15 der 23 Spieler von Leicester City sind Legionäre. Dass der Klub im Volksmund unter "The Foxes" läuft, ist für den ÖFB-Teamkapitän eine "funny coincidence".

Foto: reuters/boyers

Leicester/Wien – "Wie in einem Traum komm ich mir nicht vor. Wenn das alles ein Traum wäre, dann würde nicht so viel Arbeit dahinterstecken." Arbeit allerdings, die sich ausgezahlt hat, das gibt Christian Fuchs schon zu. Der ÖFB-Teamkapitän steht mit seinem Verein Leicester City an der Tabellenspitze der englischen Premier League, das will etwas heißen. Immerhin sind 15 von 38 Runden gespielt, und die Konkurrenz ist durchaus namhaft. Hinter dem LCFC (Leicester City Football Club) mit 32 Punkten folgen Arsenal (30), Manchester City, Manchester United (je 29), Tottenham (26), West Ham sowie Liverpool nach überraschendem 0:2 in Newcastle am Sonntag (je 23).

Keiner der Favoriten will in dieser Saison auf Touren kommen, Manchester City etwa strauchelte am Samstag mit 0:2 gegen Stoke, wobei in Marko Arnautovic ein weiterer ÖFB-Internationaler doppelt scorte. Als Leicester kürzlich gegen Manchester United 1:1 spielte, hielt Uniteds Coach Louis van Gaal fest: "Leicester kann Meister werden." Fuchs, der damals mit einem tollen Assist die Leicester-Führung eingeleitet hatte, winkt ab. Obwohl am Samstag ein 3:0 bei Swansea City folgte, sagt der 29-Jährige im Gespräch mit dem STANDARD: "Das Wort 'Titel' hat in unserem Sprachschatz nichts verloren. Unser Ziel ist der Klassenerhalt. Das ist kein Understatement. Wir haben noch nicht die Punkte, um völlig sicher zu sein."

In Leicester – die Universitätsstadt mit 330.000 Einwohnern liegt praktisch mitten in England, in den East Midlands am Fluss Soar – weiß man, dass es schnell gehen kann, in beide Richtungen. Der Klub ist 27-mal ab- oder aufgestiegen, vergangene Saison wäre es fast wieder hinunter gegangen. "Bis zum 30. Spieltag lag der Klub ganz hinten", sagt Fuchs, der sich klarerweise schlaugemacht hatte, ehe er im Sommer für drei Jahre unterschrieb. "Dann gab es plötzlich eine Siegesserie und am Ende den 14. Platz."

Klassisches Kontern

Auch deshalb wird die aktuelle Führung von vielen Beobachtern, Fans wie Medien, als Sensation angesehen. Für Fuchs ist "der erste Platz nur eine Momentaufnahme. Aber man muss schon sagen, dass wir sehr konstant spielen." Konstant ja, aber wie genau? "Wir sind unangenehm, eine klassische Kontermannschaft. Wir lassen wenig zu, und wenn wir einen Ball abfangen, schauen wir, dass wir über ein, zwei Kontakte, nach vorne kommen. Das ist ein sehr direkter, richtig geiler Fußball, den wir spielen."

Der LCFC läuft im Volksmund unter "The Foxes", auch so gesehen hat das Fuchs-Engagement gepasst. "Das war nicht der Hauptgrund, warum ich nach Leicester gegangen bin. Aber es ist schon eine ,funny coincidence', ein glücklicher Zufall." Der Niederösterreicher, der in Mattersburg großgeworden war, ehe er in Deutschland (Bochum, Mainz, Schalke) reüssierte, ist im Englischen schon so daheim, dass er manchmal um deutsche Worte ringt. Das liegt weniger an Leicester, denn an New York, wo seine Frau Raluca, die als Eventmanagerin in Manhattan arbeitet, und der gemeinsame Sohn Anthony (1) leben. Fuchs sitzt nicht selten im Flugzeug und geht davon aus, dass New York sein Lebensmittelpunkt wird, wenn 2018 der Vertrag in Leicester ausläuft.

Coach der "Foxes" ist Claudio Ranieri, über den Fuchs sagt: "Er ist zunächst einmal Italiener, soll heißen, er legt Wert auf Defensive, auf Kompaktheit und Organisation. Aber genauso wichtig ist ihm, dass wir auch gefährlich werden. Und wir haben vorne auch genug Qualität." Tatsächlich hat kein anderer Klub so viele Tore erzielt (32), da macht es gar nichts aus, dass elf der 19 Liga-Konkurrenten weniger Gegentore erhielten als Leicester (21).

Vorne war es zunächst Jamie Vardy, der nach Belieben und in elf Runden en suite traf, damit den Liga-Rekord von Ruud van Nistelrooy auslöschte. Beim 3:0 in Swansea schaffte der Algerier Riyad Mahrez als erster Nordafrikaner in England einen Hattrick. Leicester City ist kein Klub der großen Namen, bekannt ist vielleicht noch der Deutsche Robert Huth, der vor Jahren bei Chelsea spielte und als Abwehrwunderkind galt, sich aber bei Mittelständlern (Middlesbrough, Stoke City) behaupten musste, ehe er ebenfalls im Sommer dem Ruf der Füchse folgte. "Das Besondere an dem Verein ist", sagt Fuchs, "dass die Leute dich nicht nur als Fußballer, sondern auch als Menschen wahrnehmen."

Fuchs ist seit acht Monaten in Pflichtspielen ungeschlagen. "The Unbeatable" nennen sie ihn schon in Leicester, den Unbezwingbaren. Ein Worst Case ist allerdings schon eingetreten, ein Hotel hat seinen Nachnamen auf einem Briefkuvert falsch buchstabiert, mit K statt H – Fuchs hat das Kuvert fotografiert und das Foto gepostet. Ein anderer Worst Case, der Abstieg, dürfte vermieden werden. "Wir hegen keine Träume", sagt Christian Fuchs, "wir arbeiten einfach hart." (Fritz Neumann, 6.12. 2015)