Wer etwas für seine Gesundheit tun will, soll Sport machen, lautet einer jener Ratschläge, die sich in den letzten Jahren etabliert haben. Lifestyle ist das Schlüsselwort in der Prävention, doch dass nicht jeder Sport automatisch für jeden Menschen gut sein muss, ist eine jener Erkenntnisse, die dieser Tage von Experten auf der 5. Sportkardiologischen Tagung in München, für Schlagzeilen sorgte. Sport sollte auf Rezept verordnet werden, denn nicht jede Art von Sport ist auch für jeden gut. Es kann durchaus auch zu viel des Guten sein.

Genau wie in der Therapie mit Medikamenten geht auch beim gesundheitlichen Effekt von Sport der Trend hin zur individualisierten Medizin. Denn was für den einen gut ist, kann dem anderen sogar schaden.

Sport als Risiko

Schon länger ist etwa bekannt, dass Extremsport zwar gut für das Herz-Kreislauf-System ist, jedoch bei einigen Personen auch gesundheitliche Probleme verursachen kann. So werden im Blut von fast allen Marathonläufer nach dem Wettkampf erhöhte Biomarker gefunden, die auf geschädigtes Herzgewebe hindeuten. Bei einigen von ihnen könnte diese Erhöhung auf ernsthafte kardiovaskuläre Vorerkrankungen hindeuten, bei anderen sind sie vermutlich harmlos.

Martin Halle von der Technischen Universität München und vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) untersucht dieses Phänomen gegenwärtig in einer groß angelegten Studie. "Im Ergebnis könnte es sein, dass wir Personen, die sich eigentlich gesund fühlen, vom Extremsport abraten müssten", sagt der Sportmediziner.

Sport als Therapie

Sport treiben wird in der Regel mit Menschen in Verbindung gebracht, die gesund sind. Dass körperliche Bewegung eine vollwertige Therapie sein kann, etwa bei Herzschwäche, ist den wenigsten bewusst.

Und wie bei Medikamenten hilft auch beim Sport nur die optimale Dosis. Sportwissenschaftler und Kardiologen untersuchen deshalb, welche Trainingsintensität und -häufigkeit für welches Krankheitsbild geeignet sind. Die derzeitige Studienlage deutet darauf hin, dass etwa bei Herzschwäche kurzes intensives Training einen besseren Effekt erzielt als langes moderates Training.

Und selbst hochbetagten Patienten mit Herz-Problemen oder sogar Patienten, die eine Herztransplantation vor sich haben oder die einen implantierten Defibrillator haben, empfiehlt Martin Halle Sport, natürlich unter ärztlicher Aufsicht. Bei dieser Patientengruppe kommt es ganz besonders auf die geeignete Dosis an, denn Nutzen und Gefährdung liegen eng beieinander. "Hier wird derzeit viel geforscht", sagt Halle. Er ist optimistisch, dass bald für jeden Patienten ein ganz individuelles Sportprogramm zusammengestellt werden kann, ähnlich wie bei einer individualisierten Medikamententherapie. (red, 7.12.2015)