Karlsruhe – Ein Verbot der rechtsextremen NPD ist wahrscheinlicher geworden. Im NPD-Verbotsverfahren kündigte das Bundesverfassungsgericht am Montag die Eröffnung des Hauptsacheverfahrens mit drei Verhandlungsterminen Anfang März an. Die mündliche Verhandlung über den Verbotsantrag des Bundesrates setzte das Gericht in seinem Beschluss auf den 1., 2. und 3. März fest.
Mit der Einleitung des Hauptsacheverfahrens steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die rechtsextreme Partei am Ende tatsächlich verboten wird. Denn das Verfassungsgericht hätte jetzt den Antrag des Bundesrates zurückweisen müssen, wenn es ihn als nicht ausreichend begründet oder unzulässig ansehen würde. Zuständig ist der Zweite Senat unter Vorsitz von Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle. (Az. 2 BvB 1/13).
Der Bundesrat hatte den NPD-Verbotsantrag im Dezember 2013 eingereicht. Bundesregierung und Bundestag hatten diesmal auf einen eigenen Antrag verzichtet. Der erste Anlauf für ein NPD-Verbot war 2003 vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert, nachdem bekannt wurde, dass V-Leute an führender Stelle in der NPD tätig waren. Das Gericht sah damals kein rechtsstaatliches Verfahren mehr gewährleistet. Hintergrund war der Verdacht, die vom Staat bezahlten Spitzel könnten für das Handeln der rechtsextremen Partei mitverantwortlich sein.
Im jetzigen Verfahren hatte das Gericht im März ausdrücklich "Belege" dafür gefordert, dass V-Leute des Verfassungsschutzes aus NPD-Vorständen im Bund und den Ländern tatsächlich abgezogen wurden. Der Bundesrat reichte im Mai Informationen dazu nach, wie die "Abschaltung" der V-Leute auf der Führungsebene der NPD genau ablief.
Wesensverwandt mit NSDAP?
Der Bundesrat versucht in seinem rund 270-seitigen Antrag, der NPD eine "Wesensverwandtschaft" mit der NSDAP nachzuweisen, insbesondere mit Blick auf Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus. Außerdem werden Äußerungen von führenden NPD-Mitgliedern angeführt, wonach das herrschende "System" – also die parlamentarische Demokratie – überwunden und "abgeschafft" werden müsse.
Nach Artikel 21 des Grundgesetzes sind Parteien verfassungswidrig, "die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden". In den bisherigen Parteiverboten hatte das Verfassungsgericht zudem als Kriterium genannt, die Partei müsse eine "kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung" zeigen.
Der Bundesrat hat auch argumentiert, dass die NPD vor allem in bestimmten Gegenden Ostdeutschlands eine "Atmosphäre der Angst" schaffe. Es gebe dort "Einschüchterungen und Bedrohungen von Bürgermeistern und anderen Lokalpolitikern". Personen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren, fühlten sich bedroht. Der Schriftsatz belege ferner, dass die NPD seit 2013 besonders aggressiv gegen Asylbewerber agiere, ihnen die Menschenwürde abspreche und vor Gewaltanwendung nicht zurückschrecke.
Ein Parteiverbot gilt als schärfste Waffe der Demokratie. Zweimal kam sie bislang zum Einsatz: Beim Verbot der rechtsextremen "Sozialistischen Reichspartei" (SRP) als Nachfolgeorganisation der NSDAP 1952 und der "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD) 1956. (Reuters, 7.12.2015)