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Der Preiskampf am österreichischen Telekommarkt geht laut Studie zulasten der Qualität.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Wien – Der Preiskampf auf Österreichs Telekommunikationsmarkt lähmt Innovationen: Die Investitionen der Netzbetreiber kommen zunehmend unter Druck, seien kaum zu verdienen, und Österreich laufe Gefahr, bei der digitalen Nutzung zu den Schlusslichtern in Europa abzurutschen, warnt die Unternehmensberatung ATKearney in ihrer jüngsten Studie über die Zukunft der Telekomindustrie.

Die Telekomanbieter sollten daher bei den Kunden nicht nur mit dem billigsten Angebot zu punkten versuchen, sondern exklusive Inhalte bieten, mehr Sicherheit, bessere Qualität und Geschwindigkeit, sagt Studienautor Florian Dickgreber im Gespräch mit dem STANDARD. Sonst werde Österreich bei E- und M-Commerce weiter zurückfallen.

Derzeit überließen die Betreiber das Geschäft mit dem Content zu sehr den "big Players" wie Apple, Netflix und Amazon, dabei seien die Kunden durchaus bereit, mehr zu zahlen für Kommunikation und vor allem Information. Punkten könne man insbesondere mit schnelleren Verbindungen, Sicherheit (Verschlüsselung, Ablage für Daten wie Cloud-Angebote). "Bei den lokalen Telcos liegt sehr viel Vertrauen, mehr als viele Nutzer globalen Konzernen entgegenbringen", sagt Dickgreber, "dieses Vertrauen gilt es zu nutzen."

Neue Orientierung

Die Bereitschaft, für spezielle Services wie Video-on-demand, TV-Serien oder High-Definition-Videos mehr zu zahlen, sei jedenfalls vorhanden.

Allerdings bedürfe es dazu einer Art "Umsteuerung", weg vom Billigpaket hin zu Netzgeschwindigkeit, derzeit sei die Preissensitivität extrem hoch. Aktuell sind laut einer repräsentativen Umfrage unter 15.000 Personen in 20 europäischen Ländern und den USA nur zehn Prozent der Kunden bereit, um bis zu 70 Prozent mehr zu zahlen. Im Europa-Schnitt seien es 20 Prozent, während hingegen in Österreich der Anteil an Kunden, denen eine günstige Breitbandverbindung wichtiger sei als Inhalte, um zehn Prozentpunkte höher sei als in Europa. "Die hohe Preissensibilität geht Hand in Hand mit einer geringen Ausgabenbereitschaft für Netzqualität, Sicherheit oder Apps", sagt Dickgreber.

Nicht von heute auf morgen

Das Umerziehen hin zu exklusiven Angeboten geht nicht auf die Schnelle, das weiß auch Dickgreber. Immerhin gehe aber das exzessive Endgeräte-Sponsoring inzwischen zurück. Das sei richtig und wichtig, denn nur rund 15 Prozent der Kunden fahren auf Billigangebote ab. "Aber 85 Prozent ticken ganz anders und trotzdem fokussieren die Operators genau darauf." Spanien beispielsweise, lange Zeit ein sehr preisfokussierter Markt, habe die Refokussierung geschafft, wobei allerdings anzumerken ist, dass Betreiber wie Telefonica deutlich größere Märkte vorfinden, weil sie auch in den ehemaligen Kolonien Südamerikas aktiv sind.

Einfach sei eine Umorientierung nicht, räumt Dickgreber ein, denn für regionale Telekomanbieter sei es mit Sicherheit schwieriger, Sportrechte oder internationale Serien zu erwerben. Allerdings hätten lokale Telekomnetzbetreiber den Vorteil, dass ihnen die Kundschaft sehr viel Vertrauen entgegenbringe, mehr als internationalen Konzernen. Content-Angebote müssten daher sehr exklusiv oder sehr lokal – oder beides sein.

Ungleichbehandlung

Partnerschaften, etwa mit TV-Sendern sieht der ATKearney-Mann kritisch, weil dabei Flexibilität verloren gehe und auch die Abrechnung schwieriger sei. Die Frage, "Wer kassiert was von den Einnahmen?", sorge oft für Konflikte. A1 beispielsweise könnte die Vodafone-Partnerschaft mehr nutzen, zumal die Telekom Austria – ebenso wie T-Mobile – über viel Festnetzkapazität verfügten. Einkaufsmacht könnte man bei TV-Serien ebenso nutzen wie bei Musik, zumal ja viel Internetaktivität zu Hause passiere.

In die Pflicht nimmt ATKearney freilich auch die Politik und die Regulierung. Sie behandelten Operateure noch immer strenger und fokussierten zu sehr auf einen funktionierenden Preiswettbewerb. Tarife, in die Dienste wie Spotify inkludiert sind, waren in Österreich lange Zeit untersagt, bemängelt Dickgreber. Amazon hingegen habe niemand daran gehindert, die Inhalte-Bibliothek in das Prime-Angebot zu integrieren, obwohl dieses über den Versand finanziert werde. Auch beim Datenschutz, Produktbündelung und Quersubventionierung gebe es eine Ungleichbehandlung. (Luise Ungerboeck, 9.12.2015)