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Foto: Reuters / Yossi Zeliger

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Im Grunde handelte es sich um die routinemäßige Ablösung eines hohen Beamten am Ende der Amtszeit, aber Israels Auslandsgeheimdienst ist wohl weltweit ein Begriff. Zudem untersteht der Mossad-Chef direkt dem Premierminister, und in Israel wird vor der Neubesetzung wochenlang spekuliert, wer es wird.

Benjamin Netanjahu wählte die ungewöhnliche Form, die Entscheidung über die Leitung der geheimnisumwitterten Organisation in einer Pressekonferenz bekanntzugeben, die live im Fernsehen übertragen wurde. Da der Premier sich gut eine Stunde verspätete, gab es Gerüchte um "ein Drama hinter den Kulissen". Der Sieger ist letztlich der Mann, der ohnehin als Favorit gegolten hatte: Yossi Cohen, 54, oberster Berater für Nationale Sicherheit und enger Vertrauter Netanjahus. Im Jänner folgt er dem bisherigen Mossad-Chef Tamir Pardo nach.

Informationen von menschlichen Quellen

Dass der Name des Mossad-Chefs bekannt wird, ist relativ neu. Bis vor einigen Jahren durfte man den Mossad-Leiter, wie jenen des Inlandsgeheimdienstes Schabak, nur mit der Initiale des Vornamens nennen. Für andere Mitarbeiter der Geheimdienste gilt das weiterhin – etwa für N., gegenwärtig Vize-Mossad-Chef, der Co-Favorit war. Auch Cohen, der es auf 30 Dienstjahre gebracht hat, war schon Nummer zwei des Mossad gewesen. Die Abteilung "Tzomet", die Cohen leitete, ist für das Sammeln von Informationen aus menschlichen Quellen zuständig, also für die Rekrutierung und Führung von Agenten.

Cohen gilt als "brillanter Analytiker mit einer scharfen, klaren Sprache" und fachlich ausgezeichnete Wahl. Netanjahu scheint besonders vorsichtig gewesen zu sein, nachdem er sich mit Zickzacks bei Entscheidungen über Armeechef und Polizeichef blamiert hatte.

Fokus auf den Iran

Zuletzt blieb der Mossad eher unauffällig, nachdem er durch skandalöse Zwischenfälle gebeutelt worden war, etwa die gescheiterte Ermordung von Hamas-Chef Khaled Maschal 1997 in Amman oder die partielle Aufdeckung der Ermordung eines hohen Hamas-Funktionärs 2010 in Dubai. Größte Herausforderung der letzten Jahre war das iranische Nuklearprogramm, das der Mossad durch Sabotage verzögert haben soll.

Der Iran bleibt, unter anderem Vorzeichen, aktuell: Der Mossad wird versuchen, den Iran bei einem Bruch des Wiener Abkommens zu erwischen. Vielleicht noch mehr wird Cohen aber der "Islamische Staat" (IS) beschäftigen – der auch für den Mossad schwer zu unterwandern sein wird. (Ben Segenreich aus Tel Aviv, 9.12.2015)