Nikolaus Paryla und Ulrike Kaufmann in Michael Hanekes "Das Schloss".

Foto: ORF/Wega-Film

Wien – Dass sich das Kino mehr für einen Schriftsteller interessiert als dieser sich für das Kino, ist nicht außergewöhnlich. Die Schriften Franz Kafkas etwa sind nahezu lapidar und im Grunde kurze Tagebucheinträge. Kursorische Gedanken, Eindrücke, Stimmungen. Dennoch sollte das Kino seine Werke später dankbar für sich in Anspruch nehmen – von Orson Welles (Der Prozess) über Michael Haneke (Das Schloss) bis Steven Soderbergh (Kafka).

Kafkas berühmtester Eintrag ("Im Kino gewesen. Geweint"), geschrieben 1913, ist bis heute die größte Herausforderung und Anregung, die der 1924 gestorbene Schriftsteller der Filmwissenschaft hinterließ. Natürlich weiß man, was Kafka gesehen hat, doch von größerem Interesse ist die erstaunliche Diskrepanz zwischen der Emotion und der Nüchternheit, mit der Kafka diese wie ein Landvermesser festhält. Denn Kafkas Kino war eines der Überwältigung, des unmittelbaren Affekts, der brachialen Komik und des lustvollen Exzesses.

Adaptionen, Biopics und Essayfilme

Die Filmschau Kafka geht ins Kino – der Titel verdankt sich dem gleichnamigen Buch Hanns Zischlers von 1996 – versammelt knapp 20 Arbeiten, die sich in unterschiedlicher Weise mit dem Werk Kafkas auseinandersetzen, entweder als Adaption der Romane und Erzählungen, in Form von Biografien (Wer war Kafka? von Richard Dindo) oder des Essayfilms (Sag es mir Dienstag von Astrid Ofner).

Die sich in alldem zeigende Gemeinsamkeit: Die Welt Kafkas ist, bestimmt von eigenen Gesetzen und ständig zu überwindenden Begrenzungen, rätselhaft. Im Kino, das seinen eigenen Gesetzen von Zeit und Raum folgt, bietet sich vielleicht gerade deshalb die Möglichkeit, der Lösung dieses Rätsels ein Stück näherzukommen. (Michael Pekler, 9.12.2015)