Athen/Rom – 700 Flüchtlingskinder sind in diesem Jahr im Mittelmeer gestorben. Dies geht aus einem Bericht der katholischen Stiftung Migrantes hervor. Die Zahl der bei Seefahrten über das Mittelmeer ums Leben gekommenen Migranten habe sich 2015 gegenüber dem Vorjahr von 1.600 auf 3.200 verdoppelt, berichtete der Generaldirektor der Stiftung, Gian Carlo Perego in Rom.

"Europa, das immer Ressourcen für Bombenangriffe (in Syrien, Anm.) findet, hat keine Mittel zur Rettung unschuldiger Opfer", so Perego. Gegenüber dem italienischen Rettungseinsatz "Mare Nostrum" habe die EU-Mission "Triton" nicht mehr Menschenleben retten können. Das sei eine Schande, die das europäische Gewissen belastet. "Angesichts der Terrorgefahr scheint Europa jetzt die Errichtung von Mauern und Hürden bei der Schaffung von humanitären Korridoren zu rechtfertigen, die Menschenleben retten könnten", sagte Perego.

Fünf tote Kinder am Mittwoch

Auch in der Nacht zum Mittwoch sind beim Untergang eines Flüchtlingsbootes in der Ägäis mindestens elf Menschen ertrunken, darunter fünf Kinder. Wie die griechische Hafenpolizei mitteilte, sank das Boot auf dem Weg von der Türkei in Richtung Griechenland nahe der Ägäis-Insel Farmakonissi. Zudem wurde noch rund ein Dutzend Menschen vermisst, 26 weitere Insassen des Holzbootes konnten gerettet werden.

Am Unglücksort in der südlichen Ägäis werde die Suche nach den Vermissten fortgesetzt, erklärte die Hafenpolizei. Beteiligt waren neben Polizeischiffen auch ein griechischer Armeehubschrauber und ein Patrouillenboot der EU-Grenzschutzbehörde Frontex. Nach Angaben von Augenzeugen ereignete sich das Unglück bei ruhigem Wetter, als Wasser ins Boot lief.

Zu den geretteten Menschen gehören auch vier stark unterkühlte Kinder. Sie wurden mit einem Rettungshubschrauber zur Insel Samos geflogen und in ein Krankenhaus gebracht.

Erst am Dienstag waren sechs afghanische Kinder nahe der türkischen Provinz Izmir ertrunken, als ihr Boot kenterte, wie die türkische Nachrichtenagentur Anadolu meldete. Acht weitere Afghanen seien gerettet worden. Immer wieder ertrinken im Mittelmeer Flüchtlinge, die sich in seeuntüchtigen Booten auf den Weg in die EU machen.

Flüchtlinge zurückgeschickt

Griechenland hat indes damit begonnen, Hunderte an der Grenze zu Mazedonien aufgehaltene Flüchtlinge in ihre Heimat zurückzuschicken. Die Migranten würden zunächst in Bussen nach Athen gebracht, damit sie dann von dort die Heimreise antreten, sagte ein Polizeisprecher am Mittwoch.

Der für Migration zuständige griechische Vizeminister Ioannis Mouzalas hatte am Montag angekündigt, der Staat werde sich "wehren". Wenn die Migranten in Athen seien, könnten sie Asylanträge stellen oder zurück in ihre Heimatländer reisen.

Etwa 1200 Menschen, überwiegend aus Pakistan, Marokko und dem Iran, sitzen seit Wochen nahe dem griechischen Grenzort Idomeni fest, weil ihnen Mazedonien die Einreise verweigert. Viele Flüchtlinge versuchen über das Land weiter Richtung Norden in die EU zu gelangen. Mazedonien lässt aber wie andere Balkan-Staaten seit einiger Zeit nur noch Syrer, Iraker und Afghanen ins Land, die als Bürgerkriegsflüchtlinge gelten. Andere Migranten werden durch einen Metallzaun an der Einreise gehindert.

An der griechisch-mazedonischen Grenze kam es in den vergangenen Wochen immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und den dort gestrandeten Menschen, die den Übergang sowie die Zugverbindung an der Grenze blockierten. Ein Mann aus Marokko war dort vorige Woche durch einen Stromschlag an den Bahngleisen ums Leben gekommen.

In diesem Jahr sind bereits mehr als 600.000 Flüchtlinge in Griechenland angekommen. Die meisten machten sich in Holz- oder Schlauchbooten von der Türkei aus auf den Weg. (APA/AFP, 9.12.2015)