Bild nicht mehr verfügbar.

Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović sucht einen Ausweg aus der kroatischen Regierungskrise.

Foto: EPA/SEDAT SUNA

Kroatiens Außenministerin Vesna Pusić vergleicht die Koalitionsverhandlungen mit der drittstärksten Partei Most mittlerweile mit einem Monopoly-Spiel. Seit der Wahl am 8. November hat sich die neue Partei, ohne die die beiden Großparteien, die konservative HDZ und die sozialdemokratische SDP, keine Regierung bilden können, immer mehr selbst in die Ecke manövriert.

Am Montag wiederholte Most, deren 15 übriggebliebene Mandatare eher dem konservativ-katholischen Spektrum zuzurechnen sind, dass sie eine Konzentrationsregierung mit den beiden Großparteien bilden wolle. Die Sitzung wurde live im Fernsehen übertragen. Seit Wochen betonen hingegen HDZ und SDP, dass sie so eine Konzentrationsregierung keinesfalls wollen.

Veritable Verfassungskrise

Das Problem der Most-Politiker ist, dass sie vor und nach der Wahl immer wieder betont haben, nur eine Reformregierung zu unterstützen – eine solche sehen sie nicht in einer Koalition mit einer der beiden Großparteien. Andererseits wächst der Druck auf Most. Denn Kroatien ist in eine veritable Verfassungskrise geschlittert. Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović hat bereits Verfassungsjuristen um Hilfe gebeten. Das Gesetz sieht keine klaren Vorgaben für den eingetretenen Fall vor. Denn aufgrund des Unwillens von Most, sich für die eine oder die andere Partei zu entscheiden, kann die konstituierende Sitzung des Parlaments nicht stattfinden – weil man sich nicht auf einen Parlamentspräsidenten einigen kann.

Rücktritt nach fünf Minuten

Premier Zoran Milanović hat deshalb bereits vorgeschlagen, den Parlamentspräsidenten nur für fünf Minuten zu wählen – danach könne er ja wieder zurücktreten. Denn in mehrerlei Hinsicht ist das Funktionieren des Staates gelähmt. So kann der Verfassungsgerichtshof nicht arbeiten, weil das Parlament keine neuen Richter ernennen kann. Ein Richter ist nur noch aufgrund einer Verlängerung im Amt – das kann nicht nochmals wiederholt werden. Das Mandat von fünf weiteren Richtern endete diese Woche.

Zudem können öffentliche Versorgungsunternehmen in Engpässe kommen, weil es kein Budget gibt. Dadurch könnte mittelfristig auch die Versorgung mit Elektrizität und Telekommunikation gefährdet sein.

Druckmittel Geld

Der Politologe Dejan Jović meint, dass Most einlenken könnte, weil die eigenen Mandatare kein Geld ausbezahlt bekommen, solange das Parlament nicht konstituiert ist. Die Most-Politiker hätten teilweise ihre Jobs aufgegeben. Er nennt die Vorgangsweise der unerfahrenen Politiker, die derzeit vor allem von Božo Petrov, dem Bürgermeister von Metković, angeführt werden, "amateurhaft". Die Partei hatte unter anderem vorgeschlagen, dass die Führung der Regierung rotieren solle – dass also einmal ein Sozialdemokrat, einmal ein HDZler Premier wird. Beide Großparteien lehnen das ab. "Es ist wahrscheinlicher, dass es eine große Koalition zwischen HDZ und SDP gibt, als dass es eine Konzentrationsregierung gibt, die Most will", meint Jović.

Am Mittwoch verhandeln HDZ und Most. In der SDP setzt man darauf, dass Most weiter zerfällt oder sich aufgrund des Drucks zerstreitet – vier Mandatare haben sich bereits abgespaltet. Jović hält es angesichts der Entwicklung für immer wahrscheinlicher, dass es Neuwahlen gibt. "Die Wahrscheinlichkeit liegt meiner Einschätzung nach bei über 50 Prozent. Jedenfalls bereiten sich alle darauf vor." (Adelheid Wölfl, 9.12.2015)