Die Bombardierung von IS-Stellungen in Syrien und die damit verbundenen Kämpfe haben in den vergangenen Tagen wieder tausende Syrer in die Flucht getrieben. Doch die meisten von ihnen können das Land nicht mehr verlassen. Jordanien hat seine Grenzen dichtgemacht und damit etwa 12.000 Menschen im "Niemandsland" der Wüste zurückgelassen, zeigt ein aktueller Bericht von Amnesty International. Die tiefen Temperaturen in der Nacht und die fehlende Unterstützung für die Menschen, unter denen sich Frauen, Kinder und Kranke befinden, könnten eine humanitäre Katastrophe zur Folge haben, heißt es in dem Bericht.
Die Zahl der Flüchtlinge an den syrischen Grenzübergängen zu Jordanien hat sich laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR seit Anfang November von 4.000 auf 12.000 erhöht. Satellitenbilder zeigen zudem die rasant wachsende Zahl behelfsmäßiger Unterschlupfe in der Wüste. Waren es im Juli 2014 noch 90 Unterkünfte, stieg die Zahl im April auf 175. Im September standen bereits 705 Unterstände an den Grenzübergängen, nun sind es 1.450.
Finanziell ausgelaugt
Jordanien hat seit 2011 mehr als 632.000 Syrern Schutz geboten, hier und in vier weiteren Ländern der Region sind 95 Prozent der syrischen Flüchtlinge beheimatet. Das Land ist jedoch mit der Versorgung überfordert. Ein Ansuchen an die internationale Gemeinschaft um finanzielle Unterstützung wurde erst zu 52 Prozent erfüllt.
Einreiseverbote für mehrere Gruppen
Mitte 2013 hat die jordanische Regierung begonnen, die Grenzübergänge zu schließen – nur noch kleine Gruppen von Syrern dürfen seither in Jordanien einreisen. Heute sind das etwa 40 Personen pro Tag. Nicht einreisen dürfen etwa Palästinenser, die aus Syrien flüchten, alleinreisende Männer, die keine familiären Verbindungen nach Jordanien nachweisen können, und Personen ohne Dokumente.
Die meisten von ihnen geben nach wochenlangem Warten unter widrigen sanitären Umständen und mit von den jordanischen Behörden stark eingeschränkter Hilfe internationaler NGOs auf und kehren in das kriegsgebeutelte Syrien zurück.
"Einige Kinder und Frauen sind hier während des Wartens gestorben und wurden begraben. Andere gingen zurück nach Syrien", wird eine etwa 60-jährige Flüchtlingsfrau in dem Amnesty-Bericht zitiert. Das Lager in Azraq im Osten Jordaniens hat laut NGO-Angaben allerdings noch Kapazitäten, auch andere Übergangslager seien nicht völlig ausgelastet. (red, 9.12.2015)