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Konferenzpräsident Fabius pocht auf eine Einigung bis Freitag.

Foto: REUTERS/Stephane Mahe

Wien – Am Mittwoch kam erneut Tempo in die Verhandlungen über ein globales Klimaschutzabkomen in Paris: Gegen 15 Uhr wurde – mit einigen Stunden Verspätung – ein überarbeiteter Verhandlungstext der UN-Klimakonferenz präsentiert. Die neue Fassung ist kürzer und enthält weniger Optionen. Die ursprünglich rund 50 Seiten konnten auf 29 Seiten entschlackt werden. Auf dieser Basis soll bis zum Wochenende über die Knackpunkte weiterverhandelt werden.

Denn wichtige Fragen wie Finanzhilfen für Entwicklungsländer und die Frage des langfristigen Klimaziels konnten auch in der zweiten Verhandlungswoche noch nicht geklärt werden. Seit Montag wird auf Ministerebene intensiv um Kompromisse gerungen. Vorsitzland Frankreich pocht darauf, dass am Freitag eine Einigung auf dem Tisch liegt.

Der französische Außenminister und Konferenzpräsident Laurent Fabius betonte bei einer Pressekonferenz Mittwochnachmittag, dass wichtige offene Punkte geklärt werden konnten. Ziel bleibe ein rechtlich bindendes Abkommen, das fair sei und weitreichende Ziele enthalten soll. "Wir haben Fortschritte erzielt, aber es ist noch viel zu tun", sagte Fabius.

Mehr Hilfe für ärmere Länder

Dem Text zufolge sollen unter anderem Emissionsziele und weitere Beiträge künftig alle fünf Jahre überprüft werden. Ärmere Länder sollen ab 2020 jährlich 91 Milliarden Euro für den Klimaschutz erhalten.

Offen bleibt zunächst, ob sich die Vertragsparteien auf das Ziel festlegen, die Erderwärmung auf höchstens zwei Grad zu begrenzen oder auf 1,5 Grad, wie es unter anderem kleine Inselstaaten sowie Deutschland und weitere EU-Partner fordern. Das Ziel einer Dekarbonisierung, also der Abkehr von fossilen Energieträgern, taucht im Textentwurf auf, allerdings nur als eine von mehreren Optionen.

Als mögliche Startdaten für den vorgesehenen Revisionsprozess werden 2023 oder 2024 genannt, einer Entscheidung aber nicht vorgegriffen. Gleiches gilt für die Nennung konkreter, globaler Emissionsziele bis 2050. Mehrere Varianten gibt es auch zu Forderungen vor allem von Entwicklungsländern nach Schadenersatz für Klimaschäden.

Rupprechter zeigt sich enttäuscht

Die ehrgeizigen Ziele fehlen in dem am Mittwoch vorgestellten neuen Entwurf für ein Klimaabkommen noch. "Enttäuschend" nannte Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) diesen Umstand, grundsätzlich froh stimmte ihn jedoch, "dass mit dem Text nun Bewegung in die Verhandlungen gekommen ist", sagte er nach der EU-Koordinationssitzung auf der UN-Klimakonferenz in Le Bourget bei Paris.

"Jedes Wort wird Konsequenzen für die Zukunft unserer Welt haben", sagte Rupprechter über den 29 Seiten umfassen Text. Daher brauche es jetzt einmal Zeit für die Analyse der noch vorhandenen Optionen. Die Verhandlungen, die auf zwei Runden angesetzt wurden, sind inzwischen wieder aufgenommen worden und werden voraussichtlich auch nach Mitternacht nicht zu Ende sein: "Es sieht so aus, dass wir uns auf eine lange Verhandlungsnacht einrichten können."

EU sieht ungelöst Fragen

Die EU sei jedenfalls einer Meinung und sieht noch einige ungelöste Fragen, wie das Ambitionsniveau, das Zwei-Grad-Ziel mit drei möglichen Optionen im Entwurf, die Finanzierungsfrage und die Differenzierung, wie die nationalen Vorschläge zur Senkung der Treibhausgasemissionen (INDCs) in Verpflichtungen ungewandelt werden sollen, nannte der Umweltminister vier wichtige offene Punkte.

"Alles gefällt uns auf jeden Fall nicht und da sind wir auch enttäuscht, aber grundsätzlich unterstützen wir die COP-Präsidentschaft", definierte Rupprechter die Haltung der EU. Es müsse mehr geschehen, auch wenn sich Lösung abzeichnen – es sei aber klar, dass am Mittwoch das Ergebnis nicht fertig sein kann. Jetzt sei es wichtig an Allianzen zu arbeiten, "was wir aber nicht wollen, ist Zeile für Zeile durchzuverhandeln."

Nicht unerwartet blieb das Ziel einer Dekarbonisierung – das Ende der fossilen Energieträger – eine von mehreren Optionen. "Wir brauchen eine Energiewende und die funktioniert nur mit dem Ausstieg aus den fossilen Energiesystemen", sagte Rupprechter. Für dieses G7-Ziel werde man weiterhin eintreten. Erfreulich sei jedenfalls, dass die 2020-Ziele, die der Umweltminister seit vergangenen Sonntag in einer von vier Untergruppen mitverhandelt hat, weitestgehend im Text stehen.

Umweltschutzorganisationen skeptisch

Grundsätzlich skeptisch zeigten sich hingegen die Umweltschutzorganisationen: Der Text enthält Greenpeace zufolge zwar viele wichtige Punkte, zentrale Fragen wie etwa die Klimafinanzierung und das langfristige Ziel sind noch offen. Die Greenpeace warnte davor, sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu einigen und fordert einmal mehr starke Ziele.

"Die nächsten 48 Stunden werden entscheiden, ob es in Paris gelingt, einen Fortschritt zu erzielen oder ob ein schwacher Minimalkompromiss abgeschlossen wird. Besonders bedenklich ist, dass der vorliegende Entwurf vorsieht, die ohnehin schon zu niedrigen Ambitionen für neun Jahre festzuschreiben. Dadurch würden wir die Erreichung des 2 Grad-Ziels gefährden und das Risiko von unkontrollierbaren Klimafolgen erhöhen", hieß es in einer Aussendung von Global 2000. (july, APA, 10.12.2015)