Wien – Was bizarr begann, endet auch so: Am Montag geht die schrecklich unnette Familie Rauchensteiner ins Finale, um nach acht Episoden Frieden mit den Zusehern zu schließen. Dass Lobeshymnen im Vorfeld noch lange keine wochenlangen Quotengaranten sind, das muss der ORF mit David Schalkos Serie "Altes Geld" erfahren. Nach dem fulminanten Start mit 757.000 Zusehern und 26 Prozent Marktanteil am 2. November verlor die Familiensaga innerhalb von sechs Wochen zwei Drittel ihrer Seher – irgendwo zwischen Genie und Wahnsinn und im emotionalen Loch, das zwischen Protagonisten und Zusehern aufgeht.
Am Montag interessierten sich im Hauptabend nur mehr 251.000 (10 Prozent Marktanteil) für die siebente und vorletzte Folge der prominent besetzten Groteske rund um das Wühlen in den Eingeweiden der exzentrischen Familie Rauchensteiner. ORF-Fernsehdirektorin Kathrin Zechner spricht auf STANDARD-Anfrage von einer "mutigen Programmierung" und einem "herausfordernden Angebot" für das Publikum.
Knapp 500.000 im Schnitt
Der Zuseherschnitt liegt vor dem bildgewaltigen Finale am Montag, 14. Dezember, bei 493.000. Verglichen mit den sonst üblichen US-Serien, die am so genannten Serienmontag im ORF-Hauptabend programmiert werden, reüssiert "Altes Geld" auf jeden Fall, im Vergleich mit Schalkos Meisterwerk "Braunschlag" (beide Superfilm) gelingt dies der Serie nicht. Im Schnitt kamen die acht Episoden 2012 auf 845.000 Zuseher.
Schalko: "Kunst ist kein Skirennen"
Die Quote sollte allerdings nicht alleiniges Kriterium für die Beurteilung sein; schon gar nicht im ORF. Einen Serienvergleich lehnt Regisseur David Schalko auf STANDARD-Anfrage auch ab. Dass "Altes Geld" mehr polarisiere als "Braunschlag", liege in der Natur der Serie. "Man wünscht sich natürlich immer mehr Zuseher", so Schalko, aber: "Andererseits ist Kunst kein Skirennen, das man gewinnt oder verliert. Wir freuen uns über das große internationale Interesse. Den Mut des Senders. Und das Gefühl des Gelingens."
Zechner: Fernsehen von morgen
Nicht unzufrieden klingt auch ORF-Fernsehdirektorin Kathrin Zechner. "Altes Geld" habe einen "gesellschaftlichen-analytischen Anspruch auf dem hohen Niveau einer Kritikerserie". Formal gesehen sei die Serie Fernsehen von morgen: "Bildsprache, Musik, Schärfe der Charaktere und dramaturgische Überhöhung unserer Realität." Und: "Unser Ziel, mit einer harten und durchgehend sehr modern erzählten Serie am Hauptabend das Publikum herauszufordern, haben wir erreicht", so Zechner zum STANDARD. Das deutschsprachige Feuilleton sei begeistert: "Die national wie international geehrte ORF-Serie spiegelt Erfahrungen hochgelobter Serien wie 'Breaking Bad' wider: ein Spagat zwischen hoher Reputation in Branchen- und Kritikerkreisen und breiter Akzeptanz durch das Publikum."
12.000 verkaufte Scheiben
Ebenso wie 2012 "Braunschlag" wurde "Altes Geld" bereits im März vorab auf DVD und zusätzlich auf der Videoplattform Flimmit veröffentlicht. Dass dadurch Zuseher flöten gingen, glaubt Regisseur Schalko nicht: "Die Veröffentlichung vorweg hat aus unserer Sicht nur gute Auswirkungen. Hier gehen vergleichsweise wenige Zuschauer verloren, dafür sorgen die vielen euphorischen Besprechungen im Vorfeld für Aufmerksamkeit." 12.000 verkaufte DVDs bis dato können sich durchaus sehen lassen. Und unter den Christbäumen dürften weitere Exemplare zum Vorschein kommen. Bei "Braunschlag" sind es aktuell 50.000 DVD-Verkäufe.
"Altes Geld" läuft in Deutschland
Die Aufmerksamkeit im Vorfeld hat "Altes Geld" jedenfalls nicht geschadet. ITV-Studios möchte sich die US-Rechte an einem Remake sichern und der Pay-TV-Sender RTL Crime bringt "Altes Geld" schon bald nach Deutschland. Ab 10. Februar laufen die acht Episoden immer mittwochs um 20.15 Uhr auf RTL Crime. Ebensowenig wie "Braunschlag" ist bei "Altes Geld" an eine zweite Staffel gedacht. Was folgen soll, ist eine dritte Serie. Sie soll 2017 den Abschluss der "Trilogie der Gier" bilden. (Oliver Mark, 13.12.2015)
Update am 15.12.2015
Das Finale, die achte Folge, sahen 318.000 Zuseher (11 Prozent Marktanteil).