Eine unaufgeregte Debatte ist beim Pensionsthema offenbar nicht möglich. Wann auch immer Vorschläge auf den Tisch kommen, die steigende Lebenserwartung (jedes Jahr kommen fast drei Monate dazu) stärker zu berücksichtigen, herrscht große Aufregung und Empörung. Jede Art von Automatik führe zu Pensionskürzungen, argumentiert die Gewerkschaft. Der Sozialminister befürchtet schon einmal vorsorglich "Altersarmut".

In zahlreichen anderen Ländern gibt es allerdings längst sogenannte Nachhaltigkeitsfaktoren – also Mechanismen, die dafür sorgen, dass die Ausgaben des Staates für die Pensionssysteme nicht allzu stark steigen. Theoretisch hätte auch Österreich seit Jahren eine solche Regelung. SPÖ und ÖVP waren sich aber nie einig, wie das Gesetz zu lesen ist. Daher war es de facto immer totes Recht.

Das Rad muss also nicht neu erfunden werden. Vorbilder gibt es in den Nachbarstaaten genug. Es muss auch kein Automatismus sein, der der Politik jeden Handlungsspielraum nimmt. Am Ende werden die gewählten Volksvertreter immer die Möglichkeit haben, Gesetze wieder zu ändern. Klar ist aber auch: Je länger man zuwartet, desto gravierender wird der nächste Schritt sein müssen.

Daher ist eine langfristige Perspektive gefordert: Wenn die Bürger jetzt erfahren, dass sie 2025 oder 2030 nicht mehr mit 65 in Pension gehen können, werden sie das verstehen. Die meisten rechnen ohnehin nicht damit. (Günther Oswald, 9.12.2015)