Islamischer Kindergarten in Wien: Träger sind meist Vereine, nicht die Glaubensgemeinschaft.

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Wien – Vor dem Krisentreffen zu den islamischen Kindergärten goss Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) zusätzliches Öl ins Feuer: Am Mittwoch forderte er von der Stadt Wien, konkret von den roten Stadträtinnen Sonja Wehsely und Sandra Frauenberger, "einen Systemwechsel", der auf eine Überarbeitung des Kindergartengesetzes in der Bundeshauptstadt hinauslaufen soll, denn: "Wir haben tausende Kinder in islamischen Kindergärten" – und zwar "mit dem Ziel vieler Eltern, dass sie fernab der Mehrheitsgesellschaft aufwachsen". So würden "Parallelgesellschaften ausgebildet" – für die Integration "ein Riesenproblem".

Kindergartenstudie

Konkret berief sich Kurz auf eine "Vorstudie" des Instituts für islamische Studien der Uni Wien, die in rund einem Drittel von erst 30 untersuchten islamischen Kindergärten Probleme festgestellt hat. Insgesamt, so Kurz, seien strengere Kontrollen nötig, auch habe "die Stadt die Möglichkeit", Kindergärten mit "Fördermitteln zu unterstützen – oder nicht".

Genau das kündigt nun die Wiener Integrations- und Bildungsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) im STANDARD-Gespräch an. Im Umgang mit Religion in Kindergärten gebe es "manches, das mit dem Wiener Bildungsplan bisher noch nicht ausreichend geklärt wurde", meint sie. So etwa, ob den Kindern das Bild eines strafenden oder aber eines barmherzigen Gottes vermittelt werde.

Regeln für alle Religionen

Derartige Fragen, so Frauenberger, stellten sich in allen Religionen. Sie würden in einen Leitfaden einfließen, den Kindergartenbetreiber, Experten sowie das Netzwerk gegen Radikalisierung bei der Wiener Kinder- und Jugendanwaltschaft erarbeiten sollen.

Dieser werde Regeln vorgeben. "Wird im Kindergarten pädagogisch wertvoll mit religiösen Inhalten gearbeitet, spricht nichts dagegen. Anders ist es, wenn der Glauben eingesetzt wird, um Kindern Angsterregendes oder Gewaltbejahendes beizubringen", differenziert die Stadträtin. Befolgten Kindergartenbetreiber die Leitfadenvorgaben nicht, so gebe es auch keine Grundlage für eine Förderung der Stadt Wien.

MA 11 kontrolliert

Kurz' Kritik am bisherigen Vorgehen der Stadt Wien wies Frauenberger zurück. Islamische Kindergärten und -gruppen würden im Unterschied zu katholischen und evangelischen Einrichtungen nicht von der Glaubensgemeinschaft, sondern meist von Vereinen initiiert. Hier jedoch gebe es "selbstverständlich eine Kontrolle der zuständigen MA 11", die auch mit dem Verfassungsschutz zusammenarbeite.

Mit der Einführung des verpflichtenden Kindergartenjahres 2010 sei die Zahl der islamischen Kinderbetreuungseinrichtungen "sehr schnell gewachsen", erklärt Amina Baghajati von der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGIÖ) im STANDARD-Gespräch. "Die Verantwortung liegt bei den jeweiligen Trägern und Vereinen, wir haben null Einfluss."

Gegen Abkapselung

Der Islamischen Glaubensgemeinschaft sei wichtig, dass die Kinder dort auf "die Vielfalt" im alltäglichen Leben vorbereitet werden – und nicht, dass es "zur Abkapselung" kommt.

Ob jenen Einrichtungen die öffentlichen Fördermittel gekürzt werden sollen, die das nicht beherzigen? Baghajati: "Qualitätsstandards sind allgemein wichtig – und freilich auch einzuhalten." (Irene Brickner, Nina Weißensteiner, 9.12.2015)