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Im Lauf der Jahrhunderte hat sich die Darstellung der Krippen gewandelt, tendenziell von orientalischen zu abendländischen Motiven.

Foto: HEINZ-PETER BADER

Wien – "Als sie dort (in Betlehem) waren, kam für Maria die Zeit ihrer Niederkunft, und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war." (Evangelium nach Lukas, Kapitel 2)

In vielen Familien werden sie jetzt wieder ausgepackt: die Weihnachtskrippen. Unter mit Kerzen und buntem Tand aufgeputzten Bäumen fristen sie dann mitunter ein kümmerliches Dasein, von Geschenken erdrückt. Wo sie nicht reine Dekoration sind, erzählen sie anschaulich die Geschichte von der Geburt Jesu, vom Zauber des Lebensbeginns, von der Freude über ein neugeborenes Kind, vom immer wiederkehrenden Anfang. Zugleich sind sie Zeugnis von Volkskunst und Volksfrömmigkeit.

Ursprünge der Krippe

Der genaue Ursprung der Krippe lässt sich nicht bestimmen. Bereits im vierten Jahrhundert wurde in den Katakomben Roms die Geburt Christi bildlich dargestellt. In späteren Jahrhunderten finden sich Überlieferungen, die von geistlichen Schauspielen in Kirchen berichten, in denen die im Neuen Testament beschriebene Geburtsnacht nachgestellt wurde, die ab dem zehnten Jahrhundert immer mehr volkstümlichen Charakter annahmen.

Viele sehen in Franziskus v. Assisi den "Vater der Krippe". Im Jahr 1223 soll der Begründer des Ordens der Minderen Brüder (Franziskaner) zu Weihnachten in einem Wald bei Greccio (zwischen Assisi und Rom) ein aus Wachs geformtes Jesuskind gelegt haben, umrahmt von Ochs und Esel und vor einer großen Menschenmenge seine Weihnachtspredigt gehalten haben, "um den des Lesens nicht mächtigen die Weihnachtsgeschichte besser verständlich zu machen".

Einen bedeutsamen Faktor für die Entstehung der Krippe sehen Wissenschafter in der Stiftung einer Kapelle im Seitenschiff der Papstbasilika von S. Maria Maggiore in Rom durch den Kanoniker Pandolfo. Diese Kapelle in Gestalt eines kleinen Häuschens enthielt einen Altar und Figuren, die die "Anbetung der Könige" darstellten. Solche krippenartige Szenen wurden in Italien und anderen europäischen Ländern üblich. Die Darbietung der Geburtsnacht mit Maria und Josef erfolgte erst in späteren Jahrhunderten.

Den großen Wert der Krippe als Andachtsgegenstand und als Mittel zur religiösen Unterweisung erkannten besonders die Jesuiten in der Barockzeit. Sie ließen zuerst in böhmischen Kirchen große, prunkvolle Krippen errichten. Der Brauch verbreitete sich über Bayern, Salzburg und Tirol immer weiter aus. Adelige begannen, in ihren Palästen ebenfalls Krippen zu errichten, die teilweise überdimensionale Ausmaße annahmen.

Posse und Illusion übertrumpften in der Darstellung gern das eigentliche Geschehen. In Österreich wurde dabei offenbar der Bogen so überspannt, dass der aufgeklärte Habsburger Monarch Joseph II 1782 ein Kirchenkrippenverbot erließ, das erst 1804 wieder aufgehoben wurde. Die kleinen Leute ließen sich ihre Freude an dem figürlichen Schauspiel aber nicht nehmen. Sie schnitzen sich ihre Krippe selbst.

Und so manche Kirchenkrippe wurde gerettet, da sie Bürger und Bauern in ihre Häuser aufnahmen. "In der Weihnachtszeit sind dann die Nachbarn zum Schauen vorbeigekommen", erinnert Annette Kinsky, Volkskunstexpertin des Dorotheums, an einen alten Brauch, der in der Form der "Kripplroas" noch heute vor allem im Salzkammergut und Tirol gepflegt wird. "Es hat Zimmer ausfüllende Krippen gegeben, die auf einem Tischgestell standen, unter dem die Kinder aus Platzgründen in der Weihnachtszeit schlafen mussten", kann sie aus eigener Erinnerung berichten.

Vom Morgen- ins Abendland

Im Salzkammergut wurden die Krippen überwiegend von Salinen- und Holzarbeitern gefertigt, die im Winter keine Arbeit hatten. Besonders beliebt waren von drei Seiten umschlossene, in eine Kiste eingebaute Kastenkrippen, die nur von vorn durch eine Glasscheibe zu betrachten waren.

Während in früheren Zeiten vor allem orientalisch anmutende Szenerien mit städtischen Motiven wie Türmen und mit Dromedar und Elefant die Darstellung bestimmten, werden sie im 19. Jahrhundert zusehends regionalspezifisch geprägt. Nicht nur die Landschaft passte sich an, zu den Figuren, von denen die Weihnachtsgeschichte der Bibel berichtet, gesellten sich Menschen aus dem Alltag hinzu – mit Insignien ihres Stands, Hinweise auf ihre Berufe und in ihren Trachten gekleidet.

Bei den Salzkammergutkrippen ließe sich Kinksy zufolge übrigens gut unterscheiden, wann sie gemacht wurden: "Waren die Zäune bis vor die Revolution von 1848 in Rot und Weiß angemalt, sind sie danach in Grün gehalten", nennt sie eines der Merkmale.

Da viele der weihnachtlichen Zeugnisse verlorengegangen sind und die verbliebenen in Museen und von privaten Sammlern liebevoll gehütet werden, kommen nur wenige in den Markt und sind daher sehr nachgefragt, berichtet die Expertin. Bei einer Auktion im Dezember des Vorjahres wurde zum Beispiel eine um 1800 entstandene Kastenkrippe aus dem Salzkammergut mit Burgen und Schlössern, winzigen Figuren und einem als römische Ruine gestalteten Stall angeboten. Schätzwert: 4000 bis 6000 Euro. Verkauft wurde sie zu 7500 Euro. Ein gutes Geschäft für den Verkäufer also.

Doch müssen sich Sammelstücke immer "rentieren", einen materiellen Wert abwerfen? Besonders wenn man beim Betrachten ihrer Geschichte und der sich darum drehenden Geschichten über ganz anderes nachdenken könnte? Im Zusammenhang mit Weihnachtskrippen ist eines jedenfalls unübersehbar: Glaube. An die Zukunft. An das Gute. Auch in uns Menschen. Gleich welchen Glaubens. (Karin Tzschentke, 13.12.2015)