Foto: Pensionskommission,

Wien – Nach den Terroranschlägen von Paris dachte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) laut darüber nach, ob auch Österreich für den Krisenfall rüsten sollte und kündigte an, die Möglichkeit eines nationalen Notstands oder Ausnahmezustands prüfen zu lassen.

Laut Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) ist es damit noch nicht weit gediehen. In der "Fragestunde" des Nationalrats erklärte er am Donnerstag, "eine Regierungsvorlage liegt nicht vor". Es gäbe "keinerlei konkrete Pläne, die in der Regierung beraten werden", es handle sich lediglich um "eine Idee" der Innenministerin. Überhaupt sehe er "andere Möglichkeiten", wie die "Siebener-Lage" gestärkt werden könne. Kurze Erklärung: Die sogenannte "Siebener-Lage" ist jener Krisenstab, der seit Beginn der Flüchtlingskrise in Österreich jeden zweiten Tag im Innenministerium tagt – ursprünglich unter Teilnahme von sieben Ministerien und NGOs, mittlerweile sind es mehr.

Ein solches Mittel zur Stärkung der "Siebener-Lage" ist für Faymann jedenfalls das Durchgriffsrecht. Und: "Eine andere Maßnahme liegt nicht auf meinem Schreibtisch."

Den Vorstoß von Justizminister Wolfgang Brandstetter für ein gemeinsames EU-Asylrecht "begrüßt" der Kanzler "sehr". Er findet: "Auch der Verteilungsschlüssel (die Aufteilung von Flüchtlingen gemäß Quote, Anm.) kann nur funktionieren, wenn das Asylverfahren nicht zu einer Art Glücksspiel wird, wo man da zugeteilt wird."

Faymann zufrieden mit Bericht der Pensionskommission

Was den Pensionsbereich angeht, zeigte sich Faymann durchaus zufrieden damit, dass der Monitoringbericht der Pensionskommission, der freilich in dem Gremium keine Mehrheit gefunden hatte, gezeigt habe, dass bis 2019 die Ausgaben um mehr als vier Milliarden geringer ausfielen als zuvor noch erwartet. Zudem sei das im Regierungsabkommen angepeilte Ziel eines Antrittsalters von 60,1 Jahren bereits im ersten Halbjahr erreicht worden.

Damit sei der erwünschte Fortschritt erreicht worden. Ende Februar kommenden Jahres soll ja von der Koalition festgelegt werden, ob es zusätzliche Reformen braucht. Faymann plädierte in diesem Zusammenhang: "Ich wünsche mir, dass da nicht jeder das einbringt, was er immer schon gesagt hat, sondern dass diese Diskussion faktenbasiert läuft."

Er bekannte sich zur Koalitionseinigung, auch wenn diese nur Modellregionen im Umfang von 15 Prozent vorsieht und damit auch weniger, als es sich der SPÖ-Chef wünschen würde. Ausdrücklich betonte Faymann dabei, dass dieser Kompromiss auch von Vorarlberg mitgetragen wurde, obwohl dort alle Parteien flächendeckend die gemeinsame Schule einführen wollten.

Änderungen im Arbeitsrecht stehen an

Diverse Änderungen im Arbeitsrecht, die Erhöhung der Beamten-Gehälter sowie voraussichtlich die Verankerung des Bestbieter-Prinzips vor allem bei Bau-Verfahren sind außerdem am Donnerstag die Höhepunkt der letzten Sitzung des Nationalrats im Jahr 2015.

Was die Novellierung des Arbeitsrechts betrifft, muss künftig bei All-In-Verträgen der Grundlohn am Dienstzettel angegeben werden. Konkurrenzklauseln sind nur noch bei Einkommen über 3.200 Euro möglich. Zudem gibt es eine leichte Flexibilisierung des Arbeitsrechts.

Elternteilzeit ohne Grüne

Geändert wird auch die Elternteilzeit. Künftig muss die Arbeit um mindestens 20 Prozent reduziert werden, die Mindestarbeitszeit wird mit zwölf Stunden pro Woche festgelegt. Die Grünen wollen hier dagegen stimmen. Sie sehen eine Reihe von gewünschten Erleichterungen für Eltern nicht realisiert. Im Gegenteil, die neue Regelung sei "unternehmerfreundlich" und zementiere bestehende Hürden zur besseren Familienvereinbarkeit noch weiter ein.

Gefordert hatte man unter anderem, dass ein Antragsteller nicht mehr drei Jahre durchgehend bei einem Betrieb beschäftigt sein muss, bevor er Anspruch auf Elternteilzeit hat. Auch die Unternehmensgröße von 20 Mitarbeitern halten die Grünen für zu hoch. Ebenfalls nicht in der Gesetzesvorlage enthalten ist die Möglichkeit, auch bei bestehender Karenz des Partners in Elternteilzeit zu gehen.

Eine Neuerung, die auch den Grünen gefällt, ist folgende: Dass Frauen, deren eingetragene Partnerin oder Lebensgefährtin durch medizinisch unterstützte Fortpflanzung ein Kind bekommt, Elternkarenz in Anspruch nehmen können.

Mindestsicherung als Konfliktthema

Ihre Meinungsverschiedenheit in Sachen Mindestsicherung trugen SPÖ und ÖVP am Donnerstag im Nationalrat aus. Die ÖVP drängte auf Umsetzung ihrer Forderungen nach Deckelung und Kürzungsmöglichkeit, Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) verwies auf die Zuständigkeit der Länder.

Die ÖVP hat ein ganzes Paket für Verschärfungen bei der Mindestsicherung vorgelegt – u.a. auf Deckelung für Familien bei 1.500 Euro, mehr Sachleistungen sowie die verpflichtende Kürzung bei Arbeits- oder Integrationsunwilligkeit. Sozialsprecher August Wöginger bekannte sich im Nationalrat zur Mindestsicherung: Sie sei eine wichtige Absicherung für jene, die Unterstützung brauchen. Aber man müsse Maßnahmen ergreifen, damit sie finanzierbar bleibt.

Sozialminister Hundstorfer erinnerte den Koalitionspartner daran, dass die Mindestsicherung in einer 15a-Vereinbarung mit den Ländern fixiert worden sei – und diese sei so lange in Kraft als nichts anderes im Finanzausgleich vereinbart wird. Für eine "Muss"-Bestimmung über die Kürzung bräuchte man ein Verfassungsgesetz, um in die Autonomie der Länder einzugreifen. Da "wünsche ich uns also viel Vergnügen", wandte sich der SPÖ-Minister an die ÖVP-Abgeordneten. (APA, riss, 10.12.2015)