Graz – Der Klimawandel lässt nicht nur Gletscher schmelzen, sondern auch Permafrostböden tauen: In der Tauern-Region haben Grazer Forscher seit 2004 signifikante Erwärmungstrends der Dauerfrostböden festgestellt, wie die Universität Graz mitteilte. Etwa 2,5 Prozent der Fläche Österreichs bestehe aus solchem ganzjährig gefrorenen Untergrund. Andreas Kellerer-Pirklbauer vom dortigen Institut für Geografie hält ein institutionalisiertes Messnetz in Österreich für unentbehrlich.
Die Stabilität von Infrastruktur – Dämme, Seilbahnstützen, Häuser, aber auch alpine Wanderwege – und die Sicherheit von Mensch und Tier können durch Veränderungen im Untergrund gefährdet sein, so Kellerer-Pirklbauer. Taut der Permafrostboden in den österreichischen Alpen, könnten dem Experten zufolge 23 Skigebiete, 31 Speicherseen und 42 alpine Schutzhütten direkt oder indirekt betroffen sein. Auch tiefer gelegene Bereiche drohten etwa durch Steinschlag in Mitleidenschaft gezogen werden.
Zu wenig Messpunkte
In dem von Kellerer-Pirklbauer geleiteten Langzeitprojekt "Permafrostmonitoring in der Tauern-Region" wurde eine bedenkliche Entwicklung sichtbar: Neben der Lufttemperatur war in den österreichischen Permafrost-Gebieten im Sommer auch die Bodentemperatur so hoch wie nie zuvor. An einem Messpunkt in den steirischen Seckauer Alpen war der Boden sogar um 2,2 Grad wärmer als im langjährigen Mittel.
"Neun politische Bezirke in Österreich weisen eine potenzielle Permafrostfläche von mindestens 100 Quadratkilometern auf", so der Forscher. An 19 Stationen würden Veränderungen im Permafrost indirekt, etwa durch geophysikalische Methoden, beobachtet. Derzeit gebe es allerdings nur drei Standorte mit Bohrlöchern – zwei in den Hohen Tauern und einen in den Nördlichen Kalkalpen.
Aus seiner Sicht wäre ein österreichweit koordiniertes und institutionalisiertes Messnetz mit einer höheren Dichte an Messpunkten notwendig, um die Entwicklung besser und kontinuierlich überwachen zu können. Zu erfassen wären laut Kellerer-Pirklbauer ebenso die Temperaturen direkt in den Bohrlöchern wie auch die oberflächennahe Bodentemperatur. Tirol, der Bezirk Zell am See hätten dabei den höchsten Bedarf. Die Kosten für ein ausgeweitetes Messnetz schätzt der Forscher auf rund 1,5 Millionen Euro. (APA, 10.12.2015)