Grazer Ex-Kulturstadtrat und Grundstücksbesitzer an der Grenze: Helmut Strobl.

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Der Grenzzaun wurde in den vergangenen Tagen fast lückenlos errichtet.

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Spielfeld/Graz – Schon als er noch Kulturstadtrat von Graz war, war Helmut Strobl, der wegen seiner liberalen und humanistischen Haltung stets parteiübergreifend und von der Kunstszene geschätzt wurde, nie einer, der um den heißen Brei herumredete. Das hat sich nicht geändert. "Die ganze Zaunidee ist auf Steirisch gesagt rausgschmissenes Geld", sagte er dem STANDARD am Donnerstag, nachdem bekannt wurde, dass ein ehemaliger ÖVP-Politiker verantwortlich für eine Lücke ist, die im umstrittenen Grenzzaun zwischen der Südsteiermark und Slowenien klaffen wird. Der Zaun sollte nämlich über das Grundstück gehen, das seit rund 100 Jahren in Strobls Familienbesitz ist und das der 72-Jährige vor wenigen Jahren von seiner Mutter geerbt hat.

"35 Meter sind es eigentlich"

8,1 Meter soll die Lücke messen, sagt die Polizei. "35 Meter sind es eigentlich", sagt Strobl, "aber das ist vernachlässigbar, denn mir geht es um etwas Grundsätzliches: Die bauen den Zaun doch nur, um die Leute zu beruhigen." Dabei habe doch gar kein Flüchtling Interesse daran, illegal über unwegsames Gelände einzureisen, so der gelernte Architekt, der 16 Jahre Mitglied der Grazer Stadtregierung war. Seiner Meinung nach begann alles "mit dem sogenannten Durchbruch von Flüchtlingen – ein grausliches Wort", so Strobl, "dabei weiß doch jeder, der dabei war, egal ob Bundesheer oder Polizei, welchen Hintergrund das damals hatte. Da gab es zu wenige Busse."

Man wollte Strobl "ein Türl mit Schlüssel" auf seinem Grundstück bauen – er lehnte dankend ab. Strobl war einer von drei Grundstücksbesitzern, mit denen die Polizei wegen des Zauns, der insgesamt rund 3,7 Kilometer lang werden soll, verhandelte, erzählt Joachim Huber von der steirischen Polizei dem STANDARD. Man sehe das aber bei der Polizei entspannt, weil das Gelände dort wirklich sehr steil sei. Die zuletzt kolportierten Kosten von zehn Millionen Euro inklusive Personal für den Zaun und das "Grenzraummanagement im Kernbereich in Spielfeld" seien "bei weitem zu hoch gegriffen", sagen Huber und das Innenministerium auf STANDARD-Nachfrage unisono. Genaue Zahlen wolle man aber nicht nennen.

Gegen die beheizbaren Container, die man im Kernbereich in Spielfeld aufstelle, habe auch Strobl nichts: "Das ist eine gute Idee, und das hätte man schon längst machen sollen, aber das Geld für den Zaun sollen sie lieber unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen in Linz und Leoben geben." Strobl glaubt nicht, dass er der Einzige bleibt, auf dessen Grund kein Zaun stehen wird. Ein benachbarter prominenter Weinbauer könne seine Weingärten nämlich mit Zaun nicht mehr bewirtschaften.

Alte Abkommen mit Tito

Der ehemalige Stadtrat besitzt zudem 2,9 Hektar in Slowenien, zu denen er dann "auch nur mehr sehr schwer hinkommen kann". Dieses Land stammt "von einem alten Abkommen von Vater Krainer und Tito (Josef Krainer, steirischer Landeshauptmann von 1948 bis 1971, und Josip Broz Tito, jugoslawischer Staatschef von 1945 bis 1980, Anmerkung). Da durfte Land, das vor dem Krieg zu Österreich gehörte und in Jugoslawien brach lag, von Österreichern bewirtschaftet werden", erklärt Strobl.

Auch die Fahrwege direkt an der Grenze wurden selbst in Zeiten des Kommunismus immer von Weinbauern beider Seiten benutzt. "Die bauen den Zaun teilweise in alte Schützengräben hinein", moniert Strobl, "das kommt davon, wenn in Wien wer was plant, ohne sich das vor Ort angeschaut zu haben." (Colette M. Schmidt, 10.12.2015)