Nach zehntägiger Dauer setzt die Klimakonferenz COP21 in Le Bourget bei Paris zum Endspurt an. Der französische Gastgeber Laurent Fabius legte am Donnerstag einen neuen, vorletzten Entwurf vor, um am Freitagabend ein Abkommen unterzeichnen zu können. Der nach mehrfachen Verzögerungen präsentierte Text sollte in der Nacht zunächst weiter beraten werden.
Aus der EU-Delegation hieß es Donnerstagabend: "Es liegt noch viel harte Arbeit vor uns." Verhandlungsinsider erachten es aber für normal, dass die Gespräche erst in den letzten 24 Stunden zu einem Durchbruch kommen: "Da alle Paragrafen und Themen miteinander verknüpft sind, kann sich die Blockade eigentlich erst auf der Zielgeraden lösen", sagte Pierre Radanne vom Ökostudienbüro Futur Facteur 4.
Viele der 10.000 Länderdelegierten in Le Bourget rechnen mit einer Verlängerung der Konferenz ins Wochenende. Bei Kapiteln wie Offenlegung der CO2-Politik, Schutz vor Abholzung oder Technologietransfer schien eine Einigung am Donnerstag in Griffweite zu sein.
Verbindlichkeit weiter unsicher
Die großen Brocken bleiben aber ungelöst. So etwa die Frage, wie das zentrale Klimaziel formuliert werden soll: 1,5 oder zwei Grad Temperaturzunahme bis zum Jahrhundertende – oder eine mittlere Formulierung wie "bedeutend weniger als zwei Grad"?
Die Verbindlichkeit dieser Maßnahmen bleibt aber weiterhin unsicher. Die EU möchte zudem, dass die Ziele bereits von 2018 oder 2019 an alle fünf Jahre überprüft und anschließend, etwa ab 2021, nachgebessert werden. China will sich darauf nicht verpflichten lassen.
Heikel bleibt die Geldfrage: In welcher Höhe und auf welche Weise – Schenkung oder Leihe – sollen die "reichen" Nationen die Folgen des Klimawandels in Entwicklungsländern lindern? Und wozu sollen die rund 91 Milliarden Euro pro Jahr dienen – zur Senkung der CO2-Emissionen oder zur Behebung von Schäden?
"Wachstum nicht aus Klimarücksicht zu drosseln"
"Es gibt noch Schwierigkeiten in Bezug auf die Finanzen und die Verteilung", gestand am Donnerstag der französische Präsident François Hollande, der mit Fabius für ein Abkommen kämpft, um ein Scheitern der Konferenz wie 2009 in Kopenhagen zu verhindern. Der Unterhändler Malaysias, Gurdial Singh Nijar, erklärte schroff: "Der Text mag ausgeglichen sein – aber alle sind unzufrieden damit." Weiter meinte er, man könne die Entwicklungsländer nicht zwingen, ihr Wirtschaftswachstum aus Klimarücksicht zu drosseln. Ähnlich äußerten sich Sprecher Chinas und Südafrika, die sich im Namen der größten Ländergruppe aus Entwicklungs- und Schwellenländern äußerten. Beide verlangten vom Norden mehr Finanzzusagen.
Der härteste Widerstand kommt von erdölproduzierenden Ländern wie Venezuela und Saudi-Arabien. Sie lobbyieren hinter den Kulissen massiv gegen die Nichtnutzung förderbarer fossiler Brennstoffe – was als Voraussetzung gilt, das Zwei-Grad-Ziel einzuhalten. Ein saudischer Delegierter meinte, Nachhaltigkeit müsse auch Armutsbekämpfung und Lebensmittelproduktion einschließen. Hinter diesen diplomatischen Floskeln verbirgt sich schlicht die Weigerung, auf die Ausbeutung von Öl und Gas in der arabischen Halbinsel zu verzichten. (Stefan Brändle aus Paris, 11.12.2015)