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Ministerin Maria Elena Boschi ist für manche Kollegen zu fleißig.

Foto: APA/AFP/ERIC PIERMONT

Das Brückenschlagen ist auch im Belpaese populär: Millionen Italiener nützten den vergangenen 8. Dezember – den Feiertag Mariä Empfängnis, hierzulande einfach "Immacolata" genannt – für ein verlängertes Wochenende, indem sie sich auch noch den Fenstertag Montag freischaufelten. Inzwischen ist das Gros der Werktätigen freilich wieder zur Arbeit zurückgekehrt – nur eine privilegierte und besonders gut bezahlte Berufsgattung genießt weiterhin das Dolcefarniente, das süße Nichtstun: die "Onorevoli", die "ehrenwerten" Parlamentsabgeordneten.

Die Turiner Zeitung La Stampa spricht von einer "Brücke der Schande". Gemeint ist zur Abwechslung nicht die Brücke über die Meerenge von Messina, die von Politikern jeder Couleur seit Jahrzehnten versprochen und doch nie gebaut wird; nein, die Rede war vielmehr von der "Brücke der Immacolata", die bei den Parlamentariern heuer nicht bloß – wie für alle anderen – vier, sondern gleich zehn Tage dauert: Die nächste Sitzung der italienischen Abgeordnetenkammer ist erst für den kommenden Dienstag, den 15. Dezember, angesetzt. Und am 23. Dezember geht's dann schon wieder ab in die zweieinhalbwöchigen Weihnachtsferien.

Staatshaushalt für 2016

Da scheint es auch keine Rolle zu spielen, dass die Parlamente anderer Länder derweil über Kriegseinsätze im Irak und in Syrien oder über Sondermaßnahmen zur Bewältigung der Flüchtlingsströme beraten. Das einzige wichtige Geschäft, das die "Onorevoli" bis Ende des Jahres noch beschließen müssen, ist der Staatshaushalt für 2016 – der fällt wie immer stark defizitär aus.

Auch drei Verwaltungsrichter müssten eigentlich noch gewählt werden, aber dazu wird die knappe verbliebene Sitzungszeit dann wohl doch nicht mehr reichen. Es würde ohnehin kein Ergebnis geben: Schon in den vergangenen zwei Jahren waren 29 Wahlgänge ins Leere gegangen – auch so kann man sich im Parlament die Zeit vertreiben.

La Stampa prophezeit spöttisch, dass es den Abgeordneten dank ihrer unerreichten Ingenieurskunst in Sachen Arbeitsvermeidung dann im Dezember 2016 wohl auch noch gelingen werde, die Feiertagsbrücke gleich bis ins neue Jahr 2017 zu spannen – ganz ohne Stützpfeiler in Form ungeliebter Parlamentssitzungen knapp vor Weihnachten.

Ohnehin arbeiten die italienischen Parlamentarier – auf das gesamte Jahr gerechnet – weniger als 20 Stunden pro Woche: Sitzungen finden in aller Regel nur montags und dienstags statt – und nur in Ausnahmefällen auch mittwochs. Auch aus diesem Grund sehen immer weniger Italiener ein, warum Parlamentarier ein Gehalt von monatlich fast 20.000 Euro beziehen sollen. Das Argument eines Deputierten der Berlusconi-Partei Forza Italia – "Qualität hat eben ihren Preis" – ist wenig hilfreich, zumal die Qualität nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich ist.

Versandete Initiativen

Mario Monti hat 2012, als er kurzzeitig Premier war, einen Tabubruch gewagt: Er wollte die Saläre dem Durchschnitt der Parlamentariergehälter innerhalb der EU angleichen; das hätte ungefähr einer Halbierung entsprochen. Monti wurde für diese Idee als "Populist" gegeißelt – und genauso ist die von der aktuellen Reformenministerin Maria Elena Boschi unlängst geäußerte Anregung, die Effizienz des Parlaments durch zusätzliche Plenartage zu erhöhen, ganz schnell wieder versandet.

Das vermag kaum zu erstaunen, denn: Beschließen müssten die entsprechenden Regeln jene, die davon betroffen wären: die "Onorevoli" eben. Denen aber gefällt es offenbar ganz gut so, wie es ist. (Dominik Straub aus Rom, 11.12.2015)