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Pfusch am Bau gibt es im großen Stil ebenso wie im kleinen Kreis.

Foto: dpa / Patrick Pleul

Wien – Auch wenn der Pfusch mit der Steuerreform 2016 eingedämmt werden kann: Die Einnahmen, die aus den dann legalen und versteuerten Tätigkeiten dem Budget zugutekommen, werden nicht so üppig sein wie vielfach angenommen. Zu diesem Schluss kommt Friedrich Schneider, Experte für Schattenwirtschaft und Professor am Institut für Volkswirtschaftslehre in Linz.

Schneider hat in einer "vorläufigen, rudimentären Abschätzung", die dem STANDARD vorliegt, die Abgaben- und Steuerverluste in OECD-Ländern von 2011 bis 2013 durch Schattenwirtschaftsaktivitäten berechnet. Dabei kommt er zu dem Schluss, dass die Größenordnungen, mit denen die Finanzminister hantieren, zu hoch gegriffen sind. Zwar sind die Steuerverluste in allen untersuchten 33 OECD-Staaten beträchtlich, und jeder Finanzminister wäre froh, einen Teil dieser Steuerverluste in sein Budget umleiten zu können. "Aber niemals kann die Steuereintreibung die Größenordnung annehmen, mit der sehr häufig gerechnet wird."

Teile der Schattenwirtschaft bleiben

Die Schätzungen beruhten in der Regel darauf, dass die derzeitige Schattenwirtschaft voll ins versteuerte Lager gezogen werden kann, erläutert Schneider. Dies sei aber nicht der Fall und auch unrealistisch. "Die Steuerverluste wandern nicht zu hundert Prozent aus der Schattenwirtschaft in die Versteuerung", sagt er.

Dies habe enorme Auswirkungen auf die Steuerreform 2016, die in Österreich zu großen Teilen aus der Bekämpfung von Schattenwirtschaftsphänomenen finanziert werden soll. Beispielsweise setzt Schneider die 900 Millionen Euro, die Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) vom Einsatz von Registrierkassen jährlich erwartet, als zu hoch an. "Die Einnahmen für den Finanzminister liegen da bei 400 bis 600 Millionen Euro", sagt er.

Konkunkturstütze Pfusch

Von den rund 1,5 Milliarden Euro, die die Finanz aus der Bekämpfung des Steuer- und Sozialbetrugs insgesamt pro Jahr erwartet, seien bestenfalls die Hälfte realistisch, meint Schneider. Dies deshalb, weil die Schattenwirtschaft immer auch einen Teil Nicht-Schattenwirtschaft beinhaltet. Etwa, weil in einem Baumarkt Baustoffe und Materialien gekauft werden müssen, für die Umsatzsteuer abgeführt wird. Pfusch stütze damit immer auch die Konjunktur.

Do-it-yourself als Ersatz

Außerdem, führt Schneider aus, sollte es wirklich keinen Pfusch geben – etwa, weil die Überwachungsmethoden dafür ausgefeilt genug sind -, bedeutet dies nicht, dass die Leistungen in die offizielle Wirtschaft hinüberwandern. Versteuert sind diese Leistungen nämlich viel teurer – und vielen Menschen zu kostspielig. Deshalb würden dann manche Dienstleistungen nicht mehr nachgefragt oder aber im Do-it-yourself-System erledigt. Dies ist gesellschaftlich vielleicht sogar wünschenswert – bringt den Finanzminister aber auch um die gewünschten höheren Steuereinnahmen.

Nach Berechnung von Schneider rangiert Österreich bei den Steuerverlusten, die aufgrund von Schattenwirtschaft anfallen, am unteren Ende. Österreichs Schattenwirtschaft beträgt 7,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. In den EU-28 liegt sie bei 18,8 Prozent, in Deutschland laut Schneider bei recht stattlichen 13 Prozent. (Johanna Ruzicka, 11.12.2015)