Chemnitz – In Ostdeutschland ist es erneut zu schweren Ausschreitungen vor einer Flüchtlingsunterkunft gekommen. Eine Gruppe von bis zu 30 Menschen griff am Donnerstagabend in Jahnsdorf bei Chemnitz einen Bus mit Asylsuchenden bei der Ankunft an. Das teilte das Operative Abwehrzentrum der Polizei (OAZ) mit. Die Stimmung sei sofort aggressiv gewesen.

Drei bis sechs Täter hätten aus der Gruppe heraus Steine geworfen und Böller gezündet. Die Flüchtlinge seien in Angst und Schrecken versetzt worden. Der Busfahrer erlitt durch einen Böller eine Fußverletzung, auch ein Mitarbeiter des Wachdiensts wurde getroffen, habe den Feuerwerkskörper aber mit dem Fuß wieder aus der Gefahrenzone schießen können. Eine Fensterscheibe des Busses ging zu Bruch.

In anderes Quartier gebracht

Nach Angaben von OAZ-Sprecherin Kathleen Doetsch griff die Polizei sofort ein und stellte auch die Identität von Beteiligten fest. Die Flüchtlinge hätten die Unterkunft anschließend nicht mehr beziehen wollen und seien in ein anderes Quartier gebracht worden. Das OAZ ermittelt wegen Landfriedensbruchs.

Im Bundesland Sachsen ist es in den vergangenen Monaten immer wieder zu gewalttätigen Ausschreitungen vor Asylwerberunterkünften gekommen, darunter in Freiberg, Freital und Meerane. Besonders heftige Krawalle gab es in Heidenau bei Dresden: Dort versuchte ein rechter Mob im Sommer, den Einzug von Flüchtlingen in einen früheren Baumarkt zu verhindern, und lieferte sich eine Straßenschlacht mit der Polizei.

Sachsen Spitzenreiter bei Übergriffen

Nach Angaben der Informationsplattform "Mediendienst Integration" führt Sachsen 2015 mit großem Abstand die Liste ausländerfeindlicher Übergriffe und Aktionen in Deutschland an. Bis Ende November wurden fast ein Viertel aller in diesem Jahr registrierten Brandanschläge auf deutsche Asylunterkünfte in Sachsen verübt. Insgesamt wurden 459 Angriffe auf solche Einrichtungen registriert, Sachsen liegt mit 126 an der Spitze. Die Daten stammen aus Zahlen der Polizei und von Opferberatungen.

"Wir werden den Verantwortlichen für diesen feigen Gewaltexzess den Prozess machen und sie zur Rechenschaft ziehen", sagte Sachsens Innenminister Markus Ulbig. Die sächsische Integrationsministerin Petra Köpping sagte: "Eine kleine radikale und hochgefährliche Minderheit versetzt das ganze Land in Schrecken." Ein Dialog sei sinnlos.

Die Gemeinde distanzierte sich von den Ausschreitungen und geht davon aus, dass die Krawallmacher von außerhalb kamen. Das lasse sich aus ersten Informationen der Polizei ableiten, sagte Verwaltungsleiter Albrecht Spindler der Deutschen Presse-Agentur. In der Vergangenheit habe es wiederholt Proteste gegen das Containerdorf für Flüchtlinge gegeben, allerdings sei alles friedlich geblieben. (APA, 11.12.2015)