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Popstile kamen, Popstile gingen. Frank Sinatra allerdings war ab den 1960ern längst in die Sphäre des unantastbaren Klassikers entschwunden.

Foto: AP / Richard Drew

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Frank Sinatra kam in den 1940ern als Sänger groß heraus: Es war die Zeit des Swing und der Big Bands, die immer Vokalisten suchten. Bei Tommy Dorsey gab es für Frank 125 Dollar die Woche.

Foto: AP / Sinatra Family Archive

Ava

Wenn es nicht wahr ist, kommt es der Wahrheit zumindest sehr nahe: Jeden Tag habe sie ein Telegramm Sinatras erhalten, in dem er hauchte, wie sehr er sie liebe, gab Ava Gardner einmal preis. Die Beziehung mit der Schauspielerin war Sinatras wildeste. Um sie zu führen, verließ er seine erste Frau Nancy Barbato und drei Kinder. Die Hollywood-Diva war jedoch (wie er selbst) ein Mensch, der Genuss und Leidenschaft großschrieb. Bei einer ihrer ersten nächtlichen Ausfahrten fielen Schüsse. Partys und Alkohol waren beide nie abgeneigt, Sinatras Liebesdienste waren so verwegen wie seine Eifersucht. Die Ballade "I'm a Fool to Want You", die von der Unmöglichkeit der Zweisamkeit erzählt, schrieb er für sie. Trotz Scheidung nach sechs Jahren blieben sie stets verbunden. Nennen Sie es Liebe des Lebens.

Big Band

Jene bläserlastige Orchesterform, die Frank gerne um sich hatte. Musikhistorisch verständlich: Der Swing war der Stil jener Tage, als Frank begann; die Big Band war das hippe, dynamische Medium. Entdeckt wurde Frank denn auch 1939 von Bandleader und Trompeter Harry James, der ihm 75 Dollar die Woche zahlte. Etwas später wechselte Sinatra zur Big Band von Tommy Dorsey (125 Dollar die Woche). Auch als Superstar legte Sinatra Wert auf Big Bands und gute Arrangeure wie Nelson Riddle, Neal Hefti und Quincy Jones, der auch das Spätwerk "L.A. Is My Lady" produzierte. Mit den Big-Band-Großmeistern Duke Ellington und Count Basie gab es ebenfalls Aufnahmen. Am liebsten ging Sinatra am Abend ins Studio – da sei die Stimme am entspanntesten.

Demokraten

Sinatra wurde von den Republikanern einst verächtlich der "Schnulzensänger des New Deal" genannt, da er sich vehement für Roosevelt eingesetzt hatte. Doch John F. Kennedy gab der glamourösen Verstärkung 1962 einen Laufpass, weil er die Gerüchte über die Mafia-Verbindungen Sinatras fürchtete, über die sein Bruder Robert dem Präsidenten berichtet hatte. Der Ärger war groß und nachhaltig. Sinatra verließ bei der Ankunft von JFK die Stadt und zeigte den Demokraten fortan die kalte Schulter. 1970 kämpfte er an der Seite von Reagan und Nixon, den Sinatra früher einmal als Taugenichts bezeichnet hatte.

Frankie Trent

Ein Künstlername, den sich Sinatra in seiner Frühphase zugelegt hatte. Anfängerfehler.

Great American Songbook

Oberbegriff für jenes Kernrepertoire von Songs, die Jazz- und andere Sänger immer wieder reinterpretierten – auch Sinatra tat dies. Die Stücke stammen u. a. von Harold Arlen (Over the Rainbow), George Gershwin (Summertime), Jerome Kern (Ol' Man River), Henry Mancini (Moon River), Johnny Mercer (One for My Baby ...) und Cole Porter (I've Got You under My Skin).

Hoboken

Ebendort, in Hoboken, New Jersey, kam Frank Sinatra am 12. Dezember 1915 als Kind italienischer Einwanderer zur Welt. Vater Anthony Martin Sinatra (1894-1969) stammte aus Palermo und war Profiboxer, Feuerwehrmann und Kneipier. Mutter Natalie Dolly Sinatra (1896-1977) stammte aus dem norditalienischen Lumarzo bei Genua. Ihre Familie war gegen die Hochzeit mit dem Boxer. Sinatras Mutter blieb jedoch stur, wofür ihr die Musikgeschichte ewig zu Dank verpflichtet ist!

Inspiration

Crooner Bing Crosby war wichtig für Franks Wunsch, Sänger zu werden. Die große Tragödin des Jazzgesanges, Billie Holiday, war wichtig für seinen Stil. Hat Frank gesagt. Sie selbst sah ihre Verdienste eher – nüchtern.

Kopien

Im Zuge des Retrojazz kam es in den letzten Jahren zur Wiederbelebung jenes Stils, den Sinatra mitgeprägt hatte. Harry Connick, Jr., Michael Bublé, Jamie Cullum suchen, die Tradition der Lässigkeit weiterzutragen. Auch Robbie Williams würdigte den Stil der 1950er- und 1960er-Jahre, so gut er halt konnte.

Los Angeles

Dort ist Sinatra am 14. Mai 1998 gestorben. Auf Franks Grabstein steht "The Best is Yet to Come".

Manchurian

John Frankenheimers Cold-War-Thriller "The Manchurian Candidate" ("Botschafter der Angst", 1962) ist der vielleicht beste Film in der Hollywood-Karriere Sinatras. Als Major Marco arbeitet er daran, eine rechte, antikommunistische Verschwörung im eigenen Land zu vereiteln. Wenige Filme haben das Ausmaß der Paranoia mit so viel Lust am Deliriösen erforscht, Frankie-Boy bildet gleichwohl den letzten Rettungsanker der Vernunft. Was für eine Welt! Die Verschwörung ging auch nach dem Start weiter: Lange beschuldigte man Sinatra, der die Rechte auf den Film besaß, den Re-Release verzögert zu haben.

My Way

Auch so ein Song, der vor allem mit Frank Sinatra in Verbindung gebracht wird. Es handelt sich dabei aber eigentlich um das Chanson "Comme d'habitude", zu dem Paul Anka den englischen Text schrieb. Ab den 1970ern endete jedes Sinatra-Konzert mit dem Bekenntnisgesang.

Ocean

Danny Ocean, das Original. Einer, der nichts mehr im Leben liebt als die Gefahr: In "Ocean's Eleven" (Regie: Lewis Milestone, 1960) trifft auf seine Veranlassung eine Gruppe von Kriegsveteranen zusammen, um einen Coup zu landen. Fünf Casinos gilt es in einer Nacht auszurauben. Die Idee zum Film soll übrigens ein Tankwart geliefert haben. Die größten Rat-Pack-Stars in einem Film? Es war der noch größere High-Concept-Triumph des Films. Sinatra hatte mit seinen Kumpels Dean Martin, Sammy Davis Jr. und Peter Lawford Spaß. Damit nur ja keine Verwirrung aufkommt, hieß der Film in deutschsprachigen Ländern gleich "Frankie und seine Spießgesellen".

Phrasierung

Neben Timing und subtiler Behandlung von Texten ein wichtiges Erfolgskriterium für das Gelingen einer Interpretation. Bei Sinatra kam noch dies angeraute Timbre hinzu, das seiner Stimme eine diskrete Herbheit verlieh. Die Stimme konnte zerbrechlich, ab der Spätphase aber auch etwas autoritär klingen.

Rat Pack

Dieser Begriff, der Schauspielerin Lauren Bacall zugeschrieben wird, meint neben Sinatra als Kernpersonal Sammy Davis Jr., Dean Martin, Joey Bishop und Peter Lawford. Die "Rattenmeute" gab in Las Vegas Lausbubenshows (auch "Summits" genannt), die zahllose Hedonismus-Oscars einheimsten.

Strangers in the Night

Der Song (Melodie: Bert Kaempfert) gehört zu den erfolgreichsten Sinatras. Er soll ihn nicht sonderlich gemocht haben. Klar. Wer den subtilen Sinatra, besonders im Balladenfach, studieren will, der höre "Last Night When We Were Young" (auf "September of My Years", Reprise, 1965) oder "It Was a Very Good Year". Große poetische Tiefe!

The Voice

Einer der Spitznamen von Sinatra. Andere waren "Ol' Blue Eyes" und "Chairman of the Board". Letzteren, den er nicht mochte, bekam er als Präsident seiner Plattenfirma Reprise Records, die er dann an Warner verkaufte.

Woody

Hier bewegen wir uns im Kosmos ungesicherter Informationen: Ronan Farrow ist zwar Mia Farrows Sohn, über die Vaterschaft herrscht aber Unklarheit. Woody Allen ist die eine Möglichkeit, die andere aber heißt Frank Sinatra, mit dem Farrow zur fraglichen Zeit (1987) freilich nicht mehr offiziell liiert war. Der blauäugige Ronan konterte die Spekulationen souverän: "Möglicherweise sind wir alle Söhne von Frank Sinatra."

Zinnemann

Der Hollywood-Österreicher Fred Zinnemann inszenierte Sinatra als Italoamerikaner Maggio in "From Here to Eternity" ("Verdammt in alle Ewigkeit", 1953), es war der wohl wichtigste Part seiner Laufbahn. Die Rolle des so gutherzigen wie zerbrechlichen G.I.s war sein erster seriöser, fordernder Schauspieljob, der ihn zudem aus dem Karrieretief holte. Darum, wie er die Oscar-gekürte Rolle bekam, ranken sich Legenden. Die nachhaltigste davon verfestigte Francis Ford Coppolas "The Godfather" ("Der Pate", 1972) durch seine angeblich an Sinatra angelehnte Geschichte eines Schauspielers, der nur durch Intervention der Mafia (und per abgetrennten Pferdekopf) zu seinem Part kam. In Wahrheit dürften sanftere Mittel zum Einsatz gekommen sein: Ava Gardner soll so lange Sinatra ins Ohr von Columbia-Chef Harry Cohn geflüstert haben, bis dieser weich wurde. (ALPHABET: Dominik Kamalzadeh und Ljubisa Tosic, 12.12.2015)