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ÖVP Gesundheitssprecher Rasinger will sich das Gesundheitssystem nicht schlechtreden lassen. Verbesserungspotenzial sieht er dennoch.

dapd/Punz

Wien – Das Wort "bürgerlich" darf bei der ÖVP nie fehlen. Bei Klubenqueten wollen die Schwarzen "bürgerliche Sozialpolitik" diskutieren, am Freitag debattierten sie über Gesundheit.

Klubobmann Reinhold Lopatka strich vor allem die Versäumnisse im Gesundheitssystem hervor, die er im Verantwortungsbereich der SPÖ sieht. Das rot-grün regierte Wien steuere aufgrund der langen Wartezeiten auf Untersuchungen auf eine Zweiklassenmedizin zu, die rote Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser müsse bis Jahresende ein Gesetz zur Primärversorgung vorlegen.

Gesundheitssprecher Erwin Rasinger will sich dem koalitionären Geplänkel nicht anschließen und relativiert die von Lopatka angesprochenen Probleme im STANDARD-Gespräch: "Das ist kein Wien-spezifisches Problem." Man müsse gemeinsam schauen, wie man bestimmte Bereiche verbessern könne, und nicht nur eine "Spitalsbettenabbaudebatte führen", sagt Rasinger in Anlehnung an die jüngste Rechnungshofkritik. Der ÖVP-Politiker, der auch praktischer Arzt in Wien ist, wolle sich das Gesundheitssystem von niemandem schlechtreden lassen, für ihn gehöre es "nach wie vor zu den drei besten der Welt".

Verbesserungsbedarf sieht er dennoch: Schwerpunkte will Rasinger bei der Kindergesundheit, bei Prävention und bei der hausärztlichen Versorgung setzen.

Laut Rasinger fehlen in Österreich Schwerpunktzentren für die Diagnose seltener Erkrankungen bei Kindern. Diese müssten frühestmöglich erkannt und behandelt werden, wobei auch Physio- und Ergotherapeuten miteinbezogen gehörten. Akuten Nachholbedarf sieht der Arzt im Bereich der Kinderpsychiatrie. Beim Zugang zu kassenfinanzierten Therapien sei Österreich "besonders schwach". Es müsse möglich sein, etwa Kinder mit Autismus mit der optimalen Therapie zu behandeln.

Streitpunkt Primärversorgung

Selbstverständlich spreche er sich für mehr Eigenverantwortung der Patienten aus. Das sei aber "aus Sicht eines Arztes logisch". Von finanziellen Anreizen, wie es sein neuer Generalsekretär Peter McDonald bei der Versicherung der Selbstständigen (SVA) eingeführt hat, ist der Gesundheitssprecher aber nicht sehr überzeugt. "Die Motivation durch Geld kann ein Faktor sein, ist aber sicher nicht der einzige", sagt Rasinger. Von Aufklärung und Gesprächen mit den Patienten verspreche er sich mehr.

In einem Punkt teilt er aber die Kritik seines Klubobmanns: Rasinger stellt den Sinn der Primärversorgungszentren infrage und wünscht sich eine allgemeine Debatte über die wohnortnahe Versorgung. Er fürchte eine "Ausdünnung der Hausärzte zugunsten der Zentren".

Für ihn gehe es dabei um die Form der Zusammenarbeit und um die Sicherung der medizinischen Versorgung am Land. Verschiedene Ärzte und Krankenhäuser könnten sich auch zu Kooperationen zusammenschließen, wie es auch in der Steiermark geschieht. Das Gesetz, das Gesundheitsministerin Oberhauser vorlegen will, ist für Rasinger nicht notwendig: "Ein Gesetz bedeutet immer nur Bürokratie." (mte, 11.12.2015)