Wien – Einem des Fliegens mächtigen Abenteurer in ein unbekanntes Land folgen, wo man immer Kind bleiben kann: Davon lässt sich gut erzählen. James Matthew Barrie hat die Geschichte vom Nicht-Erwachsenwerden-Wollen 1902 erstmals veröffentlicht. Von Peter Pan gibt es seither mehr als ein Dutzend Verfilmungen und unzählige Übersetzungen (u. a. von Erich Kästner). Am bekanntesten wurde über die Jahre ebenjener Abschnitt, in dem Peter in einem Londoner Kinderzimmer auf Wendy trifft und mit ihr ins Nimmerland aufbricht, wo sie die Mutterrolle der "verlorenen Buben" einnimmt.

Im Dschungel Wien trägt Peter Pan (Sven Kaschte) erstaunlicherweise Vollbart und ist nicht mehr der Allerjüngste – eine von vielen herausfordernden Ideen Julia Burgers, deren Inszenierung für die Verzaubertheit des fiktiven Traumlandes und seiner Bewohner schöne szenische Übersetzungen bereithält. Wendy (Mira Tscherne) fliegt an einem Akrobatikseil durch die Lüfte. Mit Lichterketten wird das Nimmerland angeknipst, ein Klappmaulkrokodilskopf schleicht durch die nebelverhangene, dicke Piratenluft.

Vor allem treibt Steffi Jöris (als misslaunige Fee Glöckchen sowie als Captain-Hook-Assistent) das Spiel voran. Mit stimmlicher wie akrobatischer Präzision (manche Darsteller sprechen zu verhuscht) schafft sie stets Konzentration in dieser nicht immer geschickt getakteten Inszenierung: Dramatische Momente werden zu kurz gehalten, verdichtete Stimmungen an Action verschenkt (das Hook-Gestampfe). Dabei haben Julia Burger und Julia Perschon eine schöne Textfassung erstellt, die literarischen Esprit ausstrahlt, ohne altmodisch zu wirken.

Bevor am Schluss die Rosenblütenbomben platzen, kämpfen Captain Hook (Maartje Pasman) und Peter miteinander. Geht einer zu Boden, so kommentiert ein sechsjähriger Zuseher das im nach innen gekehrten Flüsterton als "ein urschönes Foul". Es wäre zudem noch schön gewesen, hätte dieser Peter Pan neben dem Mutterkult auch ein wenig Vaterkult eingeführt. (Margarete Affenzeller, 11.12.2015)