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Ban Ki-moon, Laurent Fabius und François Hollande bejubeln die Einigung.

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Lichtinstallation am Eiffelturm anlässlich der Klimakonferenz.

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Frankreichs Außenminister Laurent Fabius, flankiert von Staatspräsident Francois Hollande (links) und UN-Generalsekretär Ban Ki-moon (rechts), wirbt um Zustimmung für den Entwurf.

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Le Bourget – Nach langem Ringen ist das weltweite Klimschutzabkommen von allen 195 beteiligten Staaten einstimmig beschlossen worden. "Ich sehe den Saal, die Reaktion ist positiv, ich höre keine Einwände", sagte Frankreichs Außenminister Laurent Fabius, bevor er die Einigung am Samstagabend auf der UN-Klimakonferenz in Le Bourget bei Paris per Hammerschlag besiegelte.

Ziele des Vertrages sind die Begrenzung der Erderwärmung und Hilfen für Entwicklungsländer. Das Abkommen ist das erste Klimaschutzabkommen, in dem alle Staaten eigene Beiträge im Kampf gegen die Erderwärmung zusagen. Diese soll auf "deutlich unter zwei Grad" begrenzt werden, möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter.

Überprüfung

Da die bisher vorliegenden nationalen Emissionsziele zum Erreichen dieser Ziele nicht ausreichen, sollen sie ab 2023 alle fünf Jahre überprüft werden. Laut einer ebenfalls beschlossenen ergänzenden Entschließung soll es zudem bereits 2018 eine erste informelle Bestandsaufnahme geben. In der zweiten Jahrhunderthälfte soll Emissionsneutralität bei Treibhausgasen erreicht werden.

Festgeschrieben wird auch das Versprechen der Industriestaaten, den Ländern des Südens jedes Jahr hundert Milliarden Dollar für Klimaschutz und Anpassung zur Verfügung zu stellen. Diese Summe solle der Basiswert für die Zeit ab 2020 sein, eine neue Zahl "wird spätestens 2025 festgelegt werden". Allerdings steht auch dies nur in der Entschließung. Im Vertragstext bekennen sich die Industriestaaten allgemein zu gegebenen Verpflichtungen. Hintergrund sind sonst drohende Ratifizierungsprobleme in den USA.

"Großer Schritt"

Zuvor hatten Frankreichs Präsident François Hollande und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in Le Bourget eindringlich um ein Ja zu dem Vertrag geworben. "Dieses Abkommen wird ein großer Schritt für die Menschheit sein", sagte Hollande. "Es liegt jetzt an Ihnen zu entscheiden", rief er den Delegierten zu. "Nationalen Interessen wird dann am besten gedient, wenn alle im Interesse der internationalen Gemeinschaft handeln", hob Ban hervor. "Unsere Kinder würden uns nicht verstehen, noch würden sie uns vergeben", warnte auch Fabius vor einem Nein.

Umweltverbände beurteilten den Vertrag fast einhellig positiv, riefen aber auch zu raschem Handeln auf, um die darin definierten Ziele zu erreichen. "Paris gibt der Welt Hoffnung" und sende ein klares Signal für die Abkehr von fossilen Brennstoffen, erklärte der Greenpeace-Klimaexperte Martin Kaiser. Der politische Geschäftsführer der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch, Christoph Bals, erklärte: "Das Abkommen wird die Welt der Energie- und Klimapolitik verändern."

"Meisterstück"

Der WWF lobte das Abkommen gar als "Meisterstück der Klimadiplomatie". Die Präsidentin der Entwicklungsorganisation Brot für die Welt, Cornelia Füllkrug-Weitzel, warnte vor Schlupflöchern in der Vereinbarung und Untätigkeit. "Jetzt müssen sofort die Schnürschuhe angezogen werden, um in großen Schritten den in Paris immerhin vorgezeichneten Weg zur Minderung der Treibhausgase rasch zu betreten", forderte sie.

Lob kam auch aus der Wissenschaft: "Wenn dies umgesetzt wird, bedeutet das eine Senkung der Treibhausgasemissionen auf Null in wenigen Jahrzehnten", erklärte der Leiter des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Hans Joachim Schellnhuber. Sein Stellvertreter Ottmar Edenhofer bezeichnete das Abkommen als "Durchbruch". Nun hänge "das Schicksal der Erde" davon ab, wie schnell und wie umfassend die beschlossenen Maßnahmen umgesetzt würden.

Obama lobte "starkes" Abkommen

Zahlreiche EU-Spitzenpolitiker von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker über Parlamentspräsident Martin Schulz bis hin zur Vorsitzenden der Grünen-Fraktion im Europäischen Parlament, Rebecca Harms, würdigten das Ergebnis als historische Einigung. EU-Ratspräsident Donald Tusk gratulierte Frankreich und der Welt über den Kurznachrichtendienst Twitter.

US-Präsident Barack Obama hat das Klimaschutzabkommen als "stark" und "historisch" begrüßt. Das Abkommen könne ein "Wendepunkt für die Welt" sein, sagte Obama am Samstag im Weißen Haus in Washington. Die Übereinkunft lege den nötigen Rahmen zur Beilegung der Klimakrise fest.

Indiens Premier: Klimagerechtigkeit hat gewonnen

Indiens Premierminister Narendra Modi das Abkommen als "Sieg für die Klimagerechtigkeit" begrüßt. Der Klimawandel bleibe eine "Herausforderung", doch zeige das Abkommen, dass alle Nationen gemeinsam an einer Lösung arbeiteten. Indien hatte bei der Klimakonferenz bis zuletzt eher als Blockierer gegolten, da es weitgehende Einschnitte ablehnte.

Modi hatte bei der Konferenz von Paris argumentiert, dass es Indien weiterhin erlaubt bleiben sollte, billige Kohle zu verbrennen, um sich entwickeln zu können. Ebenso wie andere Schwellen- und Entwicklungsländer argumentierte Indien seit Jahren, dass die Industriestaaten zuerst am Zug seien, den Ausstoß der Treibhausgase zu reduzieren, da sie seit der Industriellen Revolution am meisten zur Klimaerwärmung beigetragen hatten. Letztlich gelang es aber, die Differenzen zu überwinden und einen Kompromiss zu erreichen, der für alle Seiten tragbar war.

"Shall" oder "should"

Ein Wort hätte die kunstvoll ausbalancierte Architektur des Abkommens am Ende fast noch ins Wanken gebracht: Unmittelbar vor der dann erfolgreichen Abschlussberatung brach am Samstagabend plötzlich noch einmal Hektik aus – und Delegierte und Beobachter fragten sich, warum Frankreichs Außenminister Laurent Fabius die Sitzung nicht endlich eröffnete.

Der Hintergrund war, neben einigen anderen weniger bedeutsamen Ungereimtheiten, die Frage von "shall" und "should". "Entwickelte Länder sollen weiterhin die Führung übernehmen bei die gesamte Wirtschaft betreffenden Zielen zur Senkung der Emissionswerte", hieß es in dem den Delegierten vorliegenden Text. Dort hätte aber "sollten" stehen müssen, reklamierte die US-Delegation. Im Deutschen nur ein Buchstabe, aber ein wichtiger rechtlicher Unterschied.

"Shall" (sollen) wäre eine bindende Verpflichtung, die für das ganze Abkommen eine Ratifizierungpflicht durch den US-Kongress auslösen könnte, wo das Klimaabkommen so gut wie sicher an der Mehrheit der Republikaner scheitern würde. "Should" (sollten) ist dagegen eine weniger verbindliche Aufforderung. Genau deswegen hätte eine Reihe von Schwellen- und Entwicklungsländern an dieser Stelle tatsächlich lieber "shall" gehabt – wollte daran dann aber das Abkommen doch nicht scheitern lassen. (APA, red, 13.12.2015)