Kabul – Die Opferzahl des US-Luftangriffs Anfang Oktober auf ein Spital von Ärzte ohne Grenzen (MSF) in der nordafghanischen Stadt Kunduz ist auf 42 nach oben korrigiert worden. Das teilte die Hilfsorganisation am Samstag mit, die bisher von mindestens 30 Toten gesprochen hatte.

Nach einer Überprüfung der Akten und der Angaben von Familien sowie dem Abgleich der Augenzeugenberichte von Mitarbeitern, Patienten und Angehörigen sei MSF zu dem Ergebnis gekommen, dass am 3. Oktober 42 Menschen getötet worden seien, erklärte die Hilfsorganisation. Den neuen Angaben zufolge wurden 24 Patienten, 14 MSF-Mitarbeiter und vier Pflegekräfte getötet.

Mehr als halbe Million Unterschriften gesammelt

Der US-Luftangriff war international scharf verurteilt worden. Er hatte sich während einer afghanischen Militäroffensive ereignet, bei der Kunduz den Taliban entrissen werden sollte. Die Rebellen hatten die Provinzhauptstadt am 28. September erobert und bis zum 13. Oktober kontrolliert. Der US-Kommandant in Afghanistan, General John Campbell, erklärte später, dass der Angriff auf "menschliche Fehler" zurückzuführen sei.

MSF spricht von einem Kriegsverbrechen und verlangt eine unabhängige Untersuchung des Angriffs auf das Krankenhaus. Patienten seien brennend in ihren Betten gelegen, einige der Opfer hätten sich Amputationen unterziehen müssen. Für eine unabhängige Untersuchung sammelte die Organisation 547.000 Unterschriften, die dem Weißen Haus in Washington übergeben wurden.

Uno-Bericht zu Taliban-Besatzung von Kunduz

Die Uno-Afghanistan-Mission (Unama) veröffentlichte unterdessen einen Bericht, wonach die Taliban schwere Verstöße gegen die Menschenrechte in Kunduz begingen. Der Schutz der "elementarsten Menschenrechte" sei während der Besatzung der Stadt unterblieben. Die Taliban verfolgten in dieser Zeit nach Uno-Ermittlungen Frauenrechtlerinnen, Regierungsangestellte und Journalisten. Sie hätten Zivilisten erschossen und Kinder als Soldaten eingesetzt, erklärte Unama.

Laut einer vorläufigen Zusammenstellung habe es in diesen zwei Wochen 289 Todesfälle und 559 Verletzungen unter Zivilisten gegeben, hieß es in dem Unama-Bericht. Diese seien "in ihrer großen Mehrheit" auf Kämpfe am Boden zurückzuführen und könnten damit nicht eindeutig einer Konfliktpartei zugeordnet werden. (APA, 13.12.2015)