Seoul – Ein Treffen von ranghohen Vertretern aus Südkorea und Nordkorea ist am Samstag ergebnislos und ohne Aussicht auf neue Gespräche beendet worden. Die Delegationen hatten sich zwei Tage lang im Industriekomplex Kaesong in Nordkorea mit dem Ziel getroffen, die Spannungen zwischen beiden Ländern abzubauen und eine Reihe strittiger Themen zu besprechen. Für das Scheitern der Gespräche machten sie sich nun gegenseitig verantwortlich.

Das Treffen fand auf Ebene von Vizeministern statt und war das erste dieser Art seit fast zwei Jahren. Es sollte besonders zum Abbau der Feindseligkeiten an der Grenze der Länder beitragen, die sich seit dem Ende des Koreakriegs 1953 formal noch immer im Kriegszustand befinden. Zwar war kein Durchbruch erwartet worden, es bestand aber die Hoffnung, dass mehrere ausgesetzte Kooperationsprojekte wieder aufgenommen würden. Diese sind von finanzieller wie von symbolischer Bedeutung.

Der südkoreanische Delegationsleiter Hwang Boo-gi machte nun Nordkoreas Kompromisslosigkeit für das Scheitern der Gespräche verantwortlich. Er warf dem Norden zudem vor, ein erneutes Treffen am Montag abgelehnt zu haben, da es dafür "keinen Bedarf" gebe.

Touren und Treffen

Für das stalinistisch geführte Nordkorea ist die Wiederaufnahme von Touren in seine Bergregion Kumgang von Bedeutung – sie sind eine wichtige Einnahmequelle für Pjöngjang. Der Süden hatte die Touren 2008 gestoppt, nachdem ein nordkoreanischer Soldat eine Touristin erschossen hatte, die sich in ein abgesperrtes Gebiet verirrt hatte. Der Süden wiederum fordert vom Norden das Einverständnis zu regelmäßigen Treffen von Familien, die durch den Krieg getrennt worden waren.

Hwang sagte am Tagungsort vor Journalisten, der Norden habe beide Themen vermengt und die Wiederaufnahme der Touren nach Kumgang zur Bedingung für Gespräche über die Familientreffen gemacht. "Wir haben betont, dass die humanitäre Frage der getrennten Familien und die Wiederaufnahme der Touren nach Kumgang grundverschiedene Themen sind, die nicht gebündelt werden sollten", sagte Hwang.

Die nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA gab die Schuld für das Scheitern wiederum Seoul. Der Süden sei auf "Kernanliegen" des Nordens wie die Bergtouren nicht eingegangen. Außerdem habe Südkorea mit "unvernünftigen Erklärungen" die Gespräche ins Nirgendwo geführt.

Verhärtete Fronten

Cheong Seong-chang vom Institut Sejong in Südkorea sagte, er rechne in den kommenden Monaten nicht mit einem Durchbruch. Beide Seiten seien nicht bereit, sich in Kernfragen zu bewegen. Yang Moo-jin, Professor an der Universität für Nordkorea-Studien in Seoul, sagte, es fehle einfach die Vertrauensgrundlage. "Es sieht ganz so aus, als sei es nicht gelungen, das so bitter nötige Grundvertrauen zwischen den beiden koreanischen Staaten herzustellen", sagte er.

Eines der drängendsten Probleme, nämlich die nordkoreanische Atompolitik, kam dem Vernehmen nach in Kaesong nicht zur Sprache. Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un hatte am Donnerstag angedeutet, dass sein Land eine Wasserstoffbombe besitze. Nordkorea sei "ein mächtiger Atomstaat, der bereit ist, eine selbstständige Atombombe und eine Wasserstoffbombe zu zünden, um seine Souveränität zu verteidigen", sagte Kim.

Das international isolierte Nordkorea hat bereits drei Atomwaffentests ausgeführt und damit internationale Empörung ausgelöst. Wasserstoffbomben verfügen über eine deutlich größere Sprengkraft als Atombomben. (APA, 13.12.2015)