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Sieht die Verwaltungsreform auf dem Weg: Pier Padoan.

Foto: reuters/TONY GENTILE

"Europa im Allgemeinen, Italien im Besonderen, muss seine Finanzkultur verbessern." Das sagte Italiens Finanz-und Wirtschaftsminister Pier Carlo Padoan im Gespräch mit der STANDARD. Vor dem Hintergrund des jüngsten Bankenskandals in Italien, als vier mittelitalienische Kleinbanken sozusagen in letzter Minute vom Konkurs gerettet wurden, meinte der ehemalige OECD-Chefvolkswirt: "Die Vorteile des kürzlich von der Regierung erlassenen Rettungsdekrets Salvabanche wiegen bei weitem die Nachteile auf."

7.000 Arbeitsplätze gesichert

Durch das Rettungsdekret konnten die Einlagen einer Million Kontoinhaber im Wert von zwölf Milliarden Euro und 7.000 Arbeitsplätze gesichert werden. Die Rettung wurde durch einen von Italiens Banken finanzierten "Resolutionsfonds" in Höhe von 3,5 Milliarden Euro ermöglicht.

Am Wochenende wurde bekannt, dass Italiens Banken weitere 100 Millionen Euro für die teilweise Rückzahlung der geschädigten Aktionäre und Inhaber von Sonderanleihen der vier Kreditinstitute zur Verfügung stellen.

200 Milliarden Problemkredite

Bei den Verhandlungen mit Brüssel bleibt der 65-jährige Finanzminister hartnäckig. Seit gut einem Jahr verhandelt die Regierung in Rom wegen der Gründung einer Bad Bank, welche die 200 Milliarden Euro Problemkredite der italienischen Banken zum Teil auffangen soll. "Wir setzen die Verhandlungen trotz des Widerstands in Brüssel fort."

Padoan zeigte sich überzeugt, dass die Maastricht-Kriterien weiterhin eingehalten werden: Zur Diskussion stehen derzeit nicht die Kriterien selbst – die Schulden müssen abgebaut werden -, sondern deren Auslegung. Im Rat der EU-Finanzminister (Ecofin) habe Italien, das für mehr Flexibilität bei der Anwendung plädiert, bereits mehrere Anhänger, meint Padoan.

Antikorruptionsbehörde gegründet

Italiens Regierung habe in ihrer nahezu zweijährigen Amtszeit nicht nur mehr Reformen als sämtliche Vorgängerregierungen der vergangenen zwanzig Jahre durchgeführt. Sie habe auch heikle Themen aufgegriffen und begonnen, die Korruption mit der Bildung einer Antikorruptionsbehörde effizient zu bekämpfen, und bei der Bekämpfung der Kapitalflucht wichtige Erfolge erzielt, sagte der geläuterte Austeritätsanhänger Padoan.

Allein 2015 werde der Fiskus vier Milliarden Euro Mehreinnahmen lukrieren. Die von der Regierung zu Jahresbeginn eingeführte Selbstanzeigepflicht für all jene, die ihr Kapital ins Ausland brachten, war ein voller Erfolg. Ebenso wie die Arbeitsmarktreform mit mehr als 400.000 neuen Arbeitsverträgen.

Schwaches Wachstum

2016 werde die Verwaltungsreform abgeschlossen, die erhebliche Ersparnisse bringe. Padoan bestätigte, dass das Wachstum in Italien noch nicht genüge, um den Rückstand zu anderen Industrieländern aufzuholen. Sein größter Wunsch für 2016: dass das Wachstum im kommenden Jahr die Regierungsprognose übertreffe. "Dies ist möglich, da wir auf strukturelles Wachstum setzen." Und darauf angesprochen, dass die Unterschiede zwischen Nord- und Süditalien größer sind als zwischen Deutschland und Griechenland, meinte er: "Das ist durchaus möglich. Es würde genügen, wenn in Süditalien die jüngsten Reformen und Gesetze wirklich angewendet würden, um die Diskrepanz zu verringern." (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand, 14.12.2015)