Wien – Auf der einen Seite gibt das Ministerium den Beschwerden der betroffenen Berufssoldaten nach, sie im Grenzeinsatz besser zu schützen – der STANDARD berichtete, dass nun Pfeffersprays zur Selbstverteidigung angeschafft wurden. Auf der anderen Seite drängt die Bundesheergewerkschaft, die Berufssoldaten, die nach Einschätzung von Experten noch mehrere Monate für die Flüchtlinge (mit)zuständig sein werden, durch weiteres Personal zu entlasten. Der Zentralausschussvorsitzende im Verteidigungsministerium, quasi der oberste Betriebsrat der Soldaten, Peter Schrottwieser spricht sich im Gewerkschaftsorgan GÖD – Der öffentliche Dienst dafür aus, die Miliz zu verstärken.
Nach Einschätzung der Gewerkschaft (die sich mit jener der Offiziersgesellschaft deckt), könnten an der Grenze durchaus Soldaten des Milizstandes sowie Rekruten eingesetzt werden. Willi Waldner, Vorsitzender der Bundesheergewerkschaft: "Mit 16 darf man in Österreich wählen – und zur Assistenz bei der Flüchtlingskrise dürfen wir die Rekruten nicht einsetzen?" Dies müsse ja nicht gleich an vorderster Front, also unmittelbar an der Grenze passieren – denn viele der Migranten hätten "bei ihrer Reise ins Ungewisse ein Messer dabei", was Schrottwieser als Sicherheitsrisiko bei Rangeleien unter den Migranten, aber eben auch für Hilfskräfte, die ordnend dazwischengehen müssen, einstuft.
Waldner vertritt im Gespräch mit dem STANDARD die Ansicht, dass seit der Volksbefragung über die Wehrpflicht viel zu wenig für die Attraktivierung des Grundwehrdienstes getan worden sei.
Noch schlimmer: Weil so viele Soldaten des Berufskaders im Einsatz für die Flüchtlinge sind, "fehlen in den Kasernen langsam, aber sicher die Ausbildner. Kleine Gruppen von bis zu acht Grundwehrdienern pro Unterrichtendem gehören der Vergangenheit an – mittlerweile werden 20 bis 30 Rekruten auf einmal geschult", klagt Schrottwieser.
Die Gewerkschafter klagen, dass der Grundwehrdienst nicht dazu geeignet ist, entsprechenden Nachwuchs für die Miliz und für eine (zeitweilige) Karriere als Berufssoldat zu sichern. Das Bundesheer schaffe es aber nicht, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren – und auch bei den Teilzeitsoldaten im Milizsystem herrsche Nachwuchsmangel, der Altersschnitt der Freiwilligen sei inzwischen sehr hoch. (cs, 14.12.2015)