In der Schlussrunde der französischen Regionalwahlen haben sich Bürger aufgerafft: Wegen einer um fast zehn Prozent höheren Wahlbeteiligung eroberte der Front National (FN) keine einzige der 13 Großregionen. Das mag politisch erfreulich sein – demokratisch ist das aber bedenklich: Eine 28-Prozent-Partei trägt in den diversen territorialen oder nationalen Räten des Landes keine Mitverantwortung. Damit kann sie munter weiterschimpfen, ohne jemals einen Tatbeweis antreten zu müssen. Das ist mit ein Grund, dass die "Lepenisten" immer mehr Zulauf erhalten durch Frust- und Protestwähler, die sich in ihrem kleinen Leben ebenso benachteiligt und ausgeschlossen fühlen wie "ihre" Partei vom politischen Leben.

Das Problem ist erkannt, es wird aber seit Jahren verschleppt. François Hollande hatte im Wahlkampf 2012 versprochen, er werde im Fall seiner Wahl zum Präsidenten wenigstens "eine Dosis Verhältniswahlrecht in der Nationalversammlung einführen". Bis zu den nächsten Parlamentswahlen Mitte 2017 ist es dazu aber wohl zu spät: Nach dem Regionalwahlschock würde die Rechtsopposition zu Recht einwenden, Hollande wolle den FN fördern.

Ein weiteres der tiefgehenden Strukturprobleme Frankreichs bleibt damit ungelöst. Auch wenn der FN nun ausgebremst wurde: Sein Vormarsch wird weitergehen, solange die übrigen Parteien und Politiker ihr Land nicht endlich von Grund auf erneuern und reformieren. (Stefan Brändle, 14.12.2015)