Tunis – Ein Gericht in Tunesien hat sechs Studenten wegen homosexueller Handlungen zu Haftstrafen von jeweils drei Jahren verurteilt. Wie ihre Anwältin Boutheina Karkni am Montag mitteilte, wurden die Urteile in der vergangenen Woche in der nordöstlichen Stadt Kairouan gesprochen.

Das Gericht habe sich dabei auf einen umstrittenen Artikel im tunesischen Strafrecht gestützt, der Sex unter Männern kriminalisiert.

Dem Urteil zufolge dürfen die Studenten laut Karkni nach dem Ende ihrer Haftstrafe zudem fünf Jahre lang nicht in Kairouan leben. Die Männer waren demnach im November und Dezember nach Anzeigen durch Nachbarn festgenommen worden. Karkni nannte das Urteil "außerordentlich hart" und gab an, dass "in zwei oder drei Wochen" eine Berufungsanhörung in der nahen Küstenstadt Sousse stattfinden werde.

Das Portal Huffpostmaghreb berichtete, einer der Studenten sei zu weiteren sechs Monaten Gefängnis verurteilt worden, weil auf seinem Computer "anstößige" Videodateien gefunden worden seien. Die örtliche Menschenrechtsgruppe Shams verurteilte den Richterspruch. Die Organisation Human Rights Watch (HRW) sprach von einem "schweren Übergriff auf das Privatleben von Menschen und ihre körperliche Unversehrtheit".

Auch weitere Menschenrechtsgruppen übten scharfe Kritik und beklagten einen Rückschritt in der Rechtsprechung. Die Organisation Human Rights League nannte die Entscheidung "skandalös". Ein Sprecher des tunesischen Innenministeriums verteidigte die Urteile hingegen. "Es ist unsere Aufgabe, das Gesetz aufrechtzuerhalten", sagte Walid Louguini laut dem Radiosender Shems FM.

Erst im September hatte ein Gericht in Sousse einen Studenten wegen Homosexualität zu einem Jahr Haft verurteilt. Er kam im November auf freien Fuß, die Berufungsverhandlung ist für Donnerstag angesetzt. Nach dem Urteil vom September hatte der damalige Justizminister Salah Ben Aissa zur Entkriminalisierung von Homosexualität aufgerufen. Er wurde im Oktober entlassen. (APA, 14.12.2015)