Lehner: Auf Dauer hätten wir den Verkauf nicht verhindern können.

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STANDARD: Zahlt die Bank-Austria-Belegschaft für den Nichtverkauf des Filialnetzes einen hohen Preis? Filialen werden geschlossen, Jobs und Bankpension fallen weg.

Lehner: Ja, wir zahlen einen hohen Preis. Aber wir können so mehr Arbeitsplätze erhalten als bei der Zerschlagung der Bank, die der Verkauf des Filialnetzes bedeutet hätte. Der Verkauf wäre die Mitarbeiter noch teurer gekommen, denn dann wäre es in der Restbank trotzdem zu Restrukturierungen gekommen. Das Ziel, die Kosten-Ertrags-Relation um ein Viertel auf 65 Prozent zu drücken, ist wirklich herausfordernd. Mit der Restrukturierung und dem Übergang der Bankpensionen in die ASVG haben wir die Bank als Universalbank erhalten. Die Situation war wirklich dramatisch, wir haben intensiv verhandelt.

STANDARD: Bankchef Willibald Cernko sagt nicht, wie viele Jobs das alles kosten wird. Sagen Sie es?

Lehner: Nein, denn wir beginnen erst im Jänner, die Detailfragen zu verhandeln. Unser gemeinsames Ziel ist es aber, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Neben Pensionierungen werden Modelle für einvernehmliche Lösungen erarbeitet. Wir rechnen aber schon mit Phasen, in denen es Konflikte geben wird. Klappen kann all das nur, wenn auch die Organisation in der Bank und ihre Struktur geändert werden. Und wir werden es sicher nicht zulassen, nur beim Personal zu sparen, auch die IT- und andere Sachkosten müssen sinken. Das setzt aber auch Investitionen voraus.

STANDARD: Wie haben Sie die 3.300 Aktiven, die noch einen Anspruch auf eine Bankpension haben, überzeugt, ins staatliche System zu wechseln? Die Betriebsvereinbarung dazu steht ja bereits.

Lehner: Diese Leute sind verunsichert, verärgert und aufgebracht. Wir haben sie aber auch noch nicht über die Details informiert, über die Ablösezahlungen und die Abfederung, die ihnen zustehen. Das wird in den kommenden Tagen geschehen. Es gab das Rechtsrisiko, dass die Bankpensionen unter Umständen auch bei Abspaltung und Verkauf des Filialnetzes für die Betroffenen verlorengegangen wären.

STANDARD: Das Definitivum, die Unkündbarkeit für diese Mitarbeiter, bleibt und läuft 2042 aus. Das stand nie zur Disposition?

Lehner: Nein, das war nicht verhandelbar. Das haben wir sehr früh klargemacht. Auch der Betriebsrat hat eine Schmerzgrenze.

STANDARD: Der Betriebsratsfonds ist Namensaktionär. Sie hätten die Abspaltung, die einem Verkauf vorausgeht, aufschieben können.

Lehner: Damit hätten wir die Bank aber in eine völlig unklare Lage manövriert. Auf Dauer hätten wir den Verkauf nicht verhindern können.

STANDARD: Das Osteuropa-Geschäft wird bilanzmäßig nach Mailand abgezogen. Da geht es um rund 500 Jobs, die Sie in Wien halten wollen. Warum haben Sie das nicht gleich mitverhandelt?

Lehner: Das hätte die Sache zu komplex gemacht. Besprochen ist, dass diese Arbeitsplätze in Wien bleiben, aber die Feinjustierung fehlt noch. Und die AVZ, die für die Verbindlichkeiten der Bank haftet, muss trachten, dass sich die Ertragslage der Bank nicht verschlechtert. Da ist es für Einschätzungen noch zu früh.

STANDARD: Ihr Vorstand war auch gegen den Verkauf, Sie haben Seite an Seite gegen Italien gekämpft?

Lehner: Ja. Bei der Mitarbeiterfrage haben wir aber unseren eigenen Kampf mit dem Vorstand geführt.

STANDARD: Wie realistisch war der Filialverkauf?

Lehner: Lassen Sie es mich mit einem Formel-1-Bild sagen: Wir waren in einer Kurve mit Außenmauer – und hart an der dran. (Renate Graber, 16.12.2015)