US-Heavy-Metal-Tragöde Glenn Danzig gibt auf dem Coverversionen-Album "Skeletons" den Pavarotti aus der Hölle.

Foto: Nuclear Blast

Wien – Zu den Vorteilen der populären Musik zählt zweifellos, dass deren Protagonisten nicht in Würde alt werden müssen. Früher (und manchmal auch noch heute) wurde diese Frage dank Drogen nicht gestellt. Heute heiratet man in fünfter Ehe die beste Freundin der Enkeltochter und macht als täglicher Stargast auf der Showbühne Karibikkreuzfahrten mit betreutem Rock-'n'-Roll-Begleitprogramm oder spielt auf Geburtstagsfesten von irgendwelchen Oligarchen in Ländern, die man nicht ohne fremde Hilfe auf der Landkarte finden würde.

Dass sich jetzt zum Beispiel der 61-jährige Heavy-Metal-Tragöde Glenn Danzig das erste Mal seit seinen Anfängen mit den "Horrorpunk"-Begründern Misfits Ende der 1970er-Jahre wieder mit Zombie-Make-up zeigt, hat nicht nur damit zu tun, dass bezüglich etwaiger Alterswürde eh schon alles wurscht ist. Es werden auch die großen Untoten der Popmusik beschworen. Immerhin handelt es sich bei "Skeletons" um ein reines Coverversionen-Album. Auf dem beschwört Danzig die Idole seiner Kindheit vor dem Plattenspieler.

Das Covermotiv ist eine schattseitige Verbeugung vor dem Cover von David Bowies Coverversionenalbum "Pin Ups" von 1973, auf dem dieser mit dem damaligen Supermodel Twiggy zu sehen ist. Und gecovert wird auch bei Danzig. Black Sabbaths "N.I.B." ("Nativity in Black") wird ebenso einer Sichtung unterzogen wie Carole Kings für die Everly Brothers geschriebener Klassiker "Crying in the Rain, Rough Boy" von ZZ Top oder der knapp an der Grenze zur Genresatire angesiedelte "Lord of the Thighs" von Aerosmith.

Egal wie diese Songs im Original geklungen haben, hier wird von Danzig Danzig gemacht. Das klingt ungefähr so, wie wenn sich Luciano Pavarotti nach einem Gabelfrühstück mit zwei Grillhenderln und einem Becher Donnergurgler in das Vereinslokal der Hells Angels Charter Windischgarsten verirrt hätte, wo gerade eine gute AC/DC-Coverband "Haarweg zur Hölle" spielt. Es klingt schlicht und einfach großartig.

In fremden Zungen knödeln

Glenn Danzig wechselte 1987 ja mit der nach ihm benannten Band Danzig vom breitbeinigen Punk der Vorgängerpartien Misfits und Samhain zur Verehrung britischer Heavy-Metal-Gründerväter der späten 1960er-Jahre. Ramones pfui, Black Sabbath hui. Außerdem kann man sich beim Rocken im Gegensatz zum Bretterpunken auch einmal ein wenig Zeit nehmen. Eine Pause beim Satan beschwören oder in fremden Zungen knödeln tut gut. Man kann während eines Solos in aller Ruhe ein Paarl Würschtel oder eine Hopfenkaltschale verzwicken.

Die Muckibude mag neben alten Werwolf- und Vampirfilmen in Schwarz-Weiß zwar einen zentralen Part in Glenn Danzigs Leben einnehmen, andererseits: Leerer Sack steht nicht gut. Womit wir ganz grundsätzlich bei der Lyrik wären.

Glenn Danzig trägt zu seinen eigenen, traditionell auf Bluesrock mit einem Chili hinten im Schritt basierenden Stücken gern über den Teufel, den Satan, den Gottseibeiuns, den Beelzebub und die Nummer des Biestes vor. Der Rest besteht aus lustigen Assoziationen zu den Themen Luzifer, Loki, Behemoth oder Shaitan. Frauen kommen auch manchmal vor, etwa als Sukkubus oder in seinem größten Hit "Mother". Wir wissen aber, dass mit Mutter nicht die richtige Mutter gemeint ist, sondern eher die Mutter im Sinne von Fortpflanzungstrieb und auf dem Sozius. Frauen nämlich wird laut Fotos im Internet auch schnell einmal heiß in Anwesenheit Danzigs, und sie müssen sich am Oberkörper nackig machen.

Die zwei besten Stücke auf "Skeletons" kommen aus alten Motorradgang-Filmen und nennen sich, richtig, "Devil's Angels" und "Satan". Ach ja, stimmt, nach Glenn Danzig wurde in Polen eine Stadt benannt. Kniet nieder, Sklaven! (Christian Schachinger, 16.12.2015)