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Fed-Chefin Yellen.

Foto: AP/Monsivais

Wien – Punktlandung. Auf den Tag genau vor sieben Jahren, am 16. Dezember 2008, hat die US-Notenbank Fed in allerhöchster Not ihren Leitzins an die Nulllinie geführt. Nun wird allgemein erwartet, dass ihre Chefin Janet Yellen am Mittwochabend die seither erste Zinserhöhung bekanntgeben wird – und damit einen Schlussstrich unter die Nullzinspolitik ihres Hauses zieht.

Sieben Jahre sind ein langer Zeitraum, insbesondere wenn die US-Wirtschaft währenddessen intensivmedizinische Rundumbetreuung durch die Geldpolitik – zusätzlich zum Nullzins hatte die Fed drei billionenschwere Anleihenkaufprogramme durchgeführt – benötigt hatte. Im Dezember 2008, wenige Wochen nachdem die Lehman-Pleite das gesamte Finanzsystem ins Wanken gebracht hatte, wähnten Optimisten die Weltwirtschaft am Rande des Abgrunds, Pessimisten waren gedanklich einen Schritt weiter.

Zum Glück und nicht zuletzt dank des hemdsärmeligen Eingreifens von Yellens Vorgänger Ben Bernanke hat sich dies nicht bewahrheitet. Nach einer kurzen, aber tiefen Rezession schwenkte die US-Wirtschaft ab 2010 wieder auf Erholungskurs. Doch eine ähnliche Konjunkturdynamik wie vor der Krise wollte sich partout nicht mehr dauerhaft einstellen.

Zwar wuchs die US-Wirtschaft zuletzt mit 2,2 Prozent auf Jahressicht noch immer ansehnlich, jedoch mit verringerter Schlagzahl gegenüber den Vorquartalen. Dabei zeigte sich der große Dienstleistungssektor in guter Verfassung, während die US-Industrie noch immer Anzeichen von Schwäche an den Tag legt. Die Inflation hielt sich in den vergangenen Monaten nur knapp über null, zog im November aber auf 0,5 Prozent an. Einzig die Arbeitslosenrate als nachlaufender Indikator zeigte zuletzt mit fünf Prozent noch tendenziell Verbesserungen.

"Könnte Fehler sein"

Jedenfalls ist es für die meisten Experten an der Zeit, an der Zinsschraube zu drehen. "Eine Normalisierung der Zinsen erscheint durchaus gerechtfertigt", meint Fondsmanager Angel Agudo von Fidelity International. "Denn die amerikanische Wirtschaft wächst mit moderatem Tempo, und die Arbeitslosenquote nähert sich der Zielgröße."

Aber es gibt auch mahnende Worte: "Eine Zinswende zu diesem Zeitpunkt könnte ein Fehler sein", befürchtet etwa Ariel Bezalel vom Fondsanbieter Jupiter. Seiner Ansicht nach hätte dieser Schritt bereits früher erfolgen sollen, noch bevor die Finanzmärkte von den Unsicherheiten der vergangenen Monate erfasst worden seien. "Sollte die Fed die Zinsen erhöhen, könnte sie diese Entscheidung noch bereuen."

Für Bezalel ist jedenfalls klar, dass die US-Zinsen nicht in den Himmel wachsen werden. "Wir glauben nicht an den Beginn einer großen Normalisierung, sondern schätzen die Lage vielmehr so ein, dass die Zinsen noch für lange Zeit auf niedrigem Niveau verharren werden." Seine Erwartung begründet er mit der hohen Staatsverschuldung von 103 Prozent des BIPs und der Erwartung auch künftig geringen Wachstums.

Erfolgreicher Abschluss

Dennoch scheint Yellen nun gefordert, zumindest den Versuch einer Normalisierung der US-Geldpolitik auf Schiene zu bringen. Aber erst wenn sich diese dauerhaft einstellt, kann die Fed-Chefin den beherzten Feuerwehreinsatz ihres Vorgängers Bernanke aus dem Jahr 2008 zu einem erfolgreichen Abschluss bringen. (Alexander Hahn, 15.12.2015)