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Das stetig wachsende Vermögen bei weiterlaufenden Spendenaufrufen sorgt für Brösel in der Wikipedia-Gemeinde.

Es ist jedes Jahr das gleiche Spiel. Pünktlich vor Weihnachten ruft die Online-Enzyklopädie Wikipedia ihre Besucher auf, dem Projekt doch etwas Geld zu spenden. Für diese entsteht mitunter der Eindruck, es gelte den Betreiber, die Wikimedia-Stiftung, vor drohenden finanziellen Turbulenzen zu bewahren. Wer sich zu einer Gabe entschließt, spendet im Schnitt 15 Dollar, wie man im Blogpost zum Kick-off der diesjährigen Kampagne erklärt. 25 Millionen Dollar will man insgesamt auf diesem Wege einnehmen.

Doch, so berichtet die "Süddeutsche Zeitung" (SZ), der Schein trügt. Seit Jahren operiert Wikimedia mit vollen Kassen und verzeichnet wachsendes Vermögen. Seit 2008 ist dieses von weniger als zehn Millionen auf mittlerweile 78 Millionen Dollar angewachsen. Das sorgt zunehmend für Konflikte.

Wikimedia: Müssen vorsorgen

Denn aus der Community der unzähligen Autoren, die in ihrer Freizeit unentgeltlich das Wissensangebot hegen und pflegen, kommt schon länger Kritik. Doch auf diese wird nicht genügend reagiert, bemängelt Pete Forsyth, der als Berater für Wikimedia tätig ist. Er ortet gegenüber der "SZ" eine "immer tiefer werdende Kluft" zwischen der Stiftung und den Wikipedia-Schreibern.

Bei der Wikimedia wehrt man sich gegen derlei Kritik. Die Organisation sei ohne entsprechenden finanziellen Aufwand nicht zu erhalten. Und man horte auch kein Geld um des Geldes Willen. Vielmehr müsse man für einen Polster sorgen, sollte man mit ungeplanten Kosten konfrontiert werden oder sollten Einnahmen wegfallen. Eine Strategie, die nicht nur kommerzielle Unternehmen anwenden, sondern auch solche im Nonprofit-Bereich.

Die winterliche Spendenaktion sei ein gewichtiger Posten im Jahresbudget für alle der insgesamt zwölf Wikimedia-Projekte. Neben der Wikipedia gibt es da etwa das Mediawiki-Projekt zur Pflege der offenen Enzyklopädie-Software, das Wörterbuch Wiktionary, das Medienarchiv Wikimedia Commons und auch weniger bekannte Unterfangen wie die wissenschaftliche Enzyklopädie Wikispecies.

Spendenziel in vier Jahren mehr als verdoppelt

Auch in Deutschland, wo der lokale Zweig der Wikimedia-Stiftung im Gegensatz zu vielen anderen Ländern seine Banner selbst gestalten kann, wird zur Festsaison gesammelt. Wie hoch das Spendenziel ist, wird über das Jahresbudget errechnet. 2011 waren es 3,9 Millionen Euro, mittlerweile sind es 8,6 Millionen, wovon ein Drittel an die Mutterorganisation überwiesen wird.

Hier nimmt man die Besorgnis der Community ebenfalls gelassen. Die Wortwahl des Spendenbanners habe man nach Kritik geändert. Dass es bei hohem Geldaufkommen auch vermehrte Kritik gibt, sei bei einer "Bewegung" wie der Wikipedia nicht vermeidbar. (gpi, 16.12.2015)