Mit dem Einwurf von fast 120.000 Euro soll die Telekom die Volkspartei Graz 2008 beim Gemeinderatswahlkampf unterstützt haben. Untreue ortet darin die Staatsanwaltschaft Wien

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Wien – Nächste Anklage in der Causa Telekom. Diesmal geht es (indirekt) um den Vorwurf der ÖVP-Finanzierung. Die einstige Telekomtochter Etel soll via Einschaltung einer Werbeagentur 2008 den Wahlkampf der Grazer ÖVP mit 119.760 Euro gesponsert haben. Die mit dem VP-Wahlkampf beschäftigte Agenturchefin soll "die Ausstellung einer Scheinrechnung veranlasst" und das Geld "auf Rechnung der Grazer VP" genommen haben, heißt es in der nicht rechtskräftigen Anklage. Leistung: angeblich keine.

Die Staatsanwaltschaft fordert auch die Verurteilung der Steirischen Volkspartei. Sie soll 119.760 Euro zahlen.

Untreue und Beihilfe dazu

Juristisch geht es um den Vorwurf der Untreue bzw. Beihilfe dazu. Angeklagt sind sechs Personen – darunter der ÖVP-Nationalratsabgeordnete und Geschäftsführer der Grazer VP, Bernd Schönegger. Er ist Mitglied des parlamentarischen Justizausschusses.

Weiters auf der Angeklagtenliste: Michael Fischer, vormaliger ÖVP-Direktor, der zuletzt Public-Affairs-Chef bei der Telekom (TA) war und derzeit in Väterkarenz ist. Der damalige TA-Festnetz-Chef Rudolf Fischer, die Chefin der CB Consult und zwei Ex-Etel-Mitarbeiter.

Mandat behalten

Sie alle bestreiten die Vorwürfe, und es gilt die Unschuldsvermutung. Schönegger will sein Mandat behalten.

Kurz der Rahmen für die Handlung: Anfang 2008 wurde in Graz gewählt. Die ÖVP, die mit Siegfried Nagl den Bürgermeister stellte (und stellt), gewann mit 38,4 Prozent der Stimmen. Schönegger war Wahlkampfleiter. Gegen Nagl wurde nicht ermittelt.

100.000 Euro Unterstützung

Laut der neunseitigen Anklage spielte sich die Sache so ab: Rudolf Fischer habe "unbekannten Verantwortlichen" der ÖVP-Bundespartei zugesagt, die Telekom werde den Wahlkampf der Grazer VP mit rund 100.000 Euro unterstützen. Mit der Umsetzung dieses Vorhabens habe er Public-Affairs-Mann Michael Fischer beauftragt, in Graz sei Schönegger als Kontaktmann genannt worden.

Die "Modalitäten des Sponsorings" habe Gernot Schieszler (heute Telekom-Kronzeuge) M. Fischer kommuniziert, den Inhalt der Scheinrechnung der Agentur soll ebenfalls er vorgegeben haben. Am 9. Jänner mailte M. Fischer "die benötigten Informationen" an Schönegger. Er teilte dem ÖVP-Mann u. a. mit, welche Leistung zu verrechnen sei: "Beratung der Integration der Markenarchitektur der Etel in die Telekom ... , Leistungszeitraum: 1. bis 3. März 2008 ... 99.800 Euro plus USt". (Kronzeuge Schieszler hat laut Anklage gestanden und andere belastet.)

Verdacht auf Scheinrechnung

Die Etel-Chefs hätten "verärgert" aber doch bezahlt. Schönegger, so der Staatsanwalt, bewegte die Agenturchefin, die Scheinrechnung zu legen und das Geld "für den Gemeinderatswahlkampf zu verwenden". So sei es geschehen, am 14. Jänner legte die Agentur die Rechnung, Etel zahlte. Am 20. Jänner wurde in Graz gewählt.

Ende 2008 allerdings prüfte die KPMG die Beratungsleistungen in der Telekom. Auf der Suche nach einem passenden Leistungsnachweis für die Etel-Rechnung habe einer der Etel-Chefs die Präsentation einer Werbeagentur gefunden, von Herbst 2007 (Kostenpunkt: 4200 Euro). Mit dem Vermerk "nur deutlich adaptiert verwendbar ..." schickte er die Unterlage laut Anklage zu M. Fischer, der skeptisch fragte: " ... gibts da noch mehr? Sind nur 7 Folien, die eher sehr ,dünn' sind ..."

"Nur Allgemeinplätze"

Auch die interne Revision der TA fand bei der Vergangenheitsaufarbeitung des Unternehmens keine Leistungsnachweise. Die Agenturchefin habe "nachträglich" zwar Unterlagen zum Auftrag gefunden, die aber "hauptsächlich Allgemeinplätze" beinhalteten. Die Angeklagte beteuert, sehr wohl gearbeitet zu haben: eben an der Implementierung der Marke Etel in die Telekom. (Etel ging quasi in der TA auf.)

Michael Fischer erklärte im Verfahren, er glaube sich zu erinnern, dass ihm Rudolf Fischer den Auftrag erteilt habe, die Sponsoringzusage, die er der ÖVP-Bundespartei gemacht hätte, "auf Wunsch der ÖVP der VP Graz zugutekommen zu lassen". In strafrechtlicher Hinsicht fühlt er sich nicht verantwortlich. Ebenso Rudolf Fischer; er sprach davon, damals sei nur eine legale Anzeigenschaltung geplant gewesen. (Renate Graber, 16.12.2015)