Wien – Journalistenorganisationen laufen Sturm gegen das geplante Informationsfreiheitsgesetz, das eine Lockerung des Amtsgeheimnisses in Österreich bringen soll. Tatsächlich enthalte der Entwurf der Regierungsparteien SPÖ und ÖVP "de facto kaum eine Verbesserung zur derzeitigen Situation", kritisierten der Presseclub Concordia sowie die Vereinigung der Parlamentsredakteure in Stellungnahmen zum Gesetz.

"Der vorgelegte Entwurf sieht befremdlich viele Regelungen vor, die den Zugang zu Informationen unmöglich machen", so Concordia-Präsident Andreas Koller. So seien unter dem Punkt "Geheimhaltung" zahlreiche Einschränkungen aufgelistet. Demnach können Informationen nicht zugänglich gemacht werden und sind nicht zur Veröffentlichung bestimmt, wenn zwingende außen- und integrationspolitische Gründe oder ein Interesse der nationalen Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit sowie der unbeeinträchtigten Vorbereitung einer Entscheidung vorliegt. Auch im wirtschaftlichen oder finanziellen Interesse der Organe, Gebietskörperschaften oder gesetzlichen beruflichen Vertretungen oder im überwiegenden berechtigten Interesse eines anderen, können Anfragen demnach abgeschmettert werden.

"Der vorliegende Entwurf des Informationsfreiheitsgesetzes birgt angesichts umfassender Ausnahmen die Gefahr, dass sich die versprochene Informationsfreiheit als Amtsgeheimnis mit neuer Verpackung entpuppt", kritisieren denn auch die Parlamentsredakteure. Diese sehen sich von einer Einschränkung ganz besonders betroffen, nämlich von der auf "Vorbereitung einer Entscheidung", zumal sich diese explizit auf die Gesetzgebung und die Mitwirkung des Nationalrats und des Bundesrats bezieht.

"Bei allem Verständnis dafür, dass zur politischen Willensbildung auch Beratungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit notwendig sind, müssen diese Ausnahmen als Grundlage dafür gesehen werden, die Weitergabe von Information zu verweigern und damit auch Journalisten und Medien willkürlich ganz ausschließen zu können. Vor allem die als Generalklausel zu verstehende Ausnahme, die zusätzlich zu den taxativ aufgezählten Ausnahmen von der Informationsfreiheit eine Geheimhaltung 'zur Wahrung anderer, gleich wichtiger öffentlicher gesetzlich bestimmter Interessen' möglich machen würde, ist daher abzulehnen", so die Redakteure.

Die Journalistenorganisationen fordern darüber hinaus eine unabhängige Vollzugsstelle. Die Regierungsparteien haben eine solche Einrichtung, die in anderen europäischen Staaten bereits Usus ist, bisher ausgeschlossen. Die Journalisten sehen darin jedoch einen "Dreh- und Angelpunkt für eine effektive Umsetzung von Informationsfreiheit und Transparenz", wie es in den Stellungnahmen heißt. "Es liegt nahe, diese Aufgabe, ähnlich wie dies europarechtlich im Bereich des Datenschutzes vorgesehen ist, einem unabhängigen Beauftragten für Transparenz und Informationsfreiheit zu überantworten", lautet der Vorschlag der Parlamentsredakteure.

Heftige Kritik üben die Journalisten darüber hinaus an einem "Gummiparagrafen", welcher der Verwaltung breiten Ermessensspielraum beim Zugang zu Information lässt. "Der Zugang ist nicht zu erteilen, wenn der Auftrag auf Information offensichtlich schikanös erfolgt oder wenn die Erteilung der Information die sonstige Tätigkeit des jeweiligen Organs wesentlich und unverhältnismäßig beeinträchtigen würde", heißt es im Entwurf. "Vor allem Medien, die regelmäßig Informationen von ein und derselben Stelle anfordern, müssen darin eine weitere Möglichkeit sehen, einen Informationszugang zu verwehren – ganz abgesehen davon, dass es über die Interessen von Journalisten und Medien hinaus befremdlich ist, wenn Bürgern in einem Gesetz zur InformationsFREIHEIT schikanöses Verhalten gegenüber der Verwaltung unterstellt wird", schreiben die Parlamentsredakteure.

Darüber hinaus monieren die Journalistenorganisationen die geplanten langen Fristen für den Zugang zu Informationen. Acht Wochen sind im Entwurf vorgesehen, die um weitere acht Wochen verlängert werden können. Einen "zeitnahen Informationszugang" fordern hingegen die Journalisten, und sie sprechen sich insgesamt für eine deutliche Überarbeitung des Entwurfs aus, weil nur so eine "glaubwürdige Überwindung des Amtsgeheimnisses" sichergestellt werden kann. (APA, 16.12.2015)