Unterstützer der Huthis bekunden in Jemens Hauptstadt Sanaa ihre Solidarität. Die zaiditisch-schiitischen Rebellen sollen sich laut UN-Sicherheitsratsresolution wieder in den Norden zurückziehen.

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Sana/Bern/Wien – Die Jemen-Verhandlungen in Magglingen in der Schweiz laufen seit Dienstag, und laut diplomatischen Beobachtern ist diesmal der Wille der beteiligten jemenitischen Konfliktparteien, zu einer Lösung zu kommen, viel deutlicher zu spüren als bei der gescheiterten Runde in Genf im Juni. Auch der äußere Druck ist größer, etwa von den USA, die als deklarierter Unterstützer der saudisch geführten Allianz gewisse Entwicklungen – wie etwa der wachsende Raum, der sich im Jemen für den "Islamischen Staat" öffnet – mit Sorge sehen.

In der Schweiz sitzen sich die international anerkannte Regierung von Präsident Abd Rabbo Mansur Hadi, vertreten durch den neuen Außenminister Abdelmalik al-Mekhlafi, auf der einen Seite und Vertreter der Huthi-Rebellen und des früheren Präsidenten Ali Abdullah Saleh auf der anderen gegenüber. Das vom Uno-Sicherheitsrat formulierte Ziel ist die Wiedereinsetzung Hadis und der Rückzug der Rebellen in ihr Stammgebiet im Norden, von wo aus sie 2014 vorrückten und die Hauptstadt Sanaa besetzten. Als die schiitischen Huthis im März 2015 auch die südliche Stadt Aden einnahmen – wohin Hadi geflüchtet war -, intervenierte Saudi-Arabien militärisch gegen die Rebellen, die es als Marionetten des Iran betrachtet.

Stockende Offensive in Taiz

Saudische Siegesmeldungen im Juli, als die Huthis von Hadi-loyalen Kräften sowie Unterstützung der Allianz wieder aus Aden vertrieben wurden, erwiesen sich als verfrüht. Die Rückeroberung von Sanaa hat nicht stattgefunden, die Offensive stockt in der Provinz Taiz, um die Stadt Taiz, aber auch um die Kontrolle der Meerenge Bab al-Mandab wird erbittert und mit großen Verlusten gekämpft. Trotz massiver Bombardierungen im Norden sind die Huthis dort ungeschlagen und können den Saudis weiter auch über die Grenze schwere Schläge zufügen. Beide Seiten kämpfen, wie die wenigen unabhängigen Berichte darlegen, ohne jegliche Rücksicht auf die Zivilbevölkerung – obwohl beide beteuern, nur diese im Auge zu haben. Die humanitären Kosten des Kriegs sind immens.

Der Jemen-Krieg ist genau zu jenem Sumpf geworden, vor dem Beobachter warnten, die dem jungen saudischen Verteidigungsminister, Vizekronprinzen und Königssohn Mohammed bin Salman eine in ihren Konsequenzen undurchdachte aggressive und aktionistische Politik vorwerfen. Dass "MbS", wie bin Salman auch genannt wird, am Montag eine große Militärkoalition islamischer Staaten verkündete, wurde auch von angeblich beteiligten Ländern im Nachhinein skeptisch kommentiert. Vielleicht fürchtet MbS, dass ihm die Kompromisssuche im Jemen als Schwäche ausgelegt wird, und will ein neues Projekt der Stärke herzeigen, das jedoch ziemlich unausgegoren sein dürfte.

Kolumbianische Söldner

Das Schlachtfeld im Jemen ist inzwischen auch aus anderen Gründen undurchschaubar geworden: Wegen eigener Verluste, auf die die heimischen Bevölkerungen nicht vorbereitet sind, setzen die beteiligten arabischen Golfstaaten vermehrt Söldnertruppen ein. Ende November meldete die New York Times, dass die Vereinigten Arabischen Emirate einen Teil ihrer ursprünglich vom Blackwater-Gründer Erik Prince aufgestellten lateinamerikanischen Privatarmee in den Jemen entsandt haben: 450 Soldaten, mehrheitliche Kolumbianer. Andere Länder mit Kontingenten im Jemen sind etwa der Senegal und der Sudan, der 2015 eine strategische Kehrtwende weg vom Iran und hin zu Saudi-Arabien vollführte. Aber auch der Sudan soll inzwischen, nach Verlusten bei der Schlacht um Taiz, mit der Entsendung hadern, schreibt die – allerdings saudifeindliche – libanesische Zeitung Al-Akhbar.

Brüche gibt es jedoch auch im Innersten der Anti-Huthi-Allianz: zwischen Saudi-Arabien, Präsident Hadi und der jemenitischen Islah-Partei, einer Muslimbrüder-Filiale, einerseits und den muslimbrüderfeindlichen Vereinigten Arabischen Emiraten und Premier und Vizepräsident Khaled Bahah andererseits.

Bahah wird neben zu großer Milde den Huthis gegenüber verdächtigt, gemeinsam mit den Emiraten die (sezessionistische) "Südliche Bewegung" (Hirak) zu unterstützen: eben gegen die im Norden verwurzelte Islah. So kommt auch der Nord-Süd-Konflikt wieder ins Spiel. Bahah und die Emirate wiederum beschuldigen die Islah, wenn nötig auch mit Al-Kaida und IS zu kooperieren. Anfang Oktober waren Bahahs Büro und das Emirate-Hauptquartier in Aden Ziel eines IS-Anschlags. (Gudrun Harrer, 17.12.2015)