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Der 55-jährige Engländer Phil "The Power" Taylor ist der berühmteste Dartspieler, hält bei 16 WM-Titeln.

Foto: EPA/SEAN DEMPSEY

London – Sie nennen sich Zauberer, Schlangenbiss oder Kuchenmann und versetzen gestandene Männer in Ekstase. Bei der Darts-WM verwandeln ab Donnerstag wieder Herren mit ruhiger Hand den Saal im altehrwürdigen Londoner Alexandra Palace in ein Partyzelt. Und das, obwohl sie eigentlich "nur" Pfeile ins richtige Feld einer Scheibe aus gepressten Pflanzenfasern werfen.

"Darts ist eine Mischung aus Karneval und Sport", sagt Elmar Paulke. Der 45-Jährige kommentiert für den deutschen TV-Sender Sport 1 die WM. "Es wird bewusst mit Kontrasten gespielt." Vorne das Duell zweier hochkonzentrierter Spieler. Hinten die Zuschauer, verkleidet als Marienkäfer, Superhelden oder wandelnde Bierkrüge, die volltrunken und lautstark ihren Helden wie Popstars huldigen. Paulke: "Irgendwann bleibst du hängen."

Darts ist bei Sport 1 mittlerweile ein Renner. Innerhalb von zwölf Jahren haben sich die Einschaltquoten von zunächst rund 250.000 Zuschauern mehr als versechsfacht. Beim WM-Finale zwischen dem späteren Sieger, dem Schotten Gary Anderson (45), und Darts-Legende Phil Taylor schalteten Anfang dieses Jahres im Schnitt 1,36 Millionen ein.

The Power vs. Mighty Mike

Taylor, 55, Engländer, Spitzname "The Power", zählt auch heuer zu den Favoriten, peilt seinen 17. Titel an. "Ich will noch immer der Beste sein", sagt Taylor, "dabei sehe ich schon, dass viele meiner Gegner meine Söhne sein könnten." Etwa Michael von Gerwen. Der 26-jährige Niederländer ("Mighty Mike") ist erster Anwärter auf den Titel. Er gewann ihn schon vor zwei Jahren. Die jüngsten großen Turniere entschied er allesamt für sich. Das Gros der Topspieler im Darts kommt immer noch aus Großbritannien. Aber immer mehr Nichtinsulaner wollen und können am Kuchen mitnaschen. Die WM ist mit 1,5 Millionen Pfund (mehr als zwei Millionen Euro) dotiert, der Sieger, der am 3. Jänner ermittelt wird, erhält 300.000 Pfund (412.000 Euro).

72 Pfeilwerfer aus 22 Ländern nehmen an der WM teil. Auch Mensur Suljovic. Der 43-jährige Wiener hat sich in der Spitze festgesetzt, liegt auf Weltranglistenposition 21. Am Sonntag greift er zum siebenten Mal in ein WM-Geschehen ein, trifft auf den Niederländer Jermaine Wattimena. Schon vor fünf Jahren sorgte Suljovic für Aufsehen, als er den damaligen Weltranglisten-Zweiten James Wade aus dem Turnier warf.

Suljovic ("The Gentle") ist mit Abstand der beste Dartspieler Österreichs, aber nicht der einzige bei der WM. Debütant Rowby-John Rodriguez hat sich über die Pro-Tour qualifiziert. Michael Rasztovits muss schon in der Vorrunde antreten.

Täglich 3000 Zuschauer werden die Spiele verfolgen – mehr oder weniger. Die Stimmung im Alexandra Palace, genannt "Ally Pally", wird prächtig sein. Und wenn der Alkohol nachhelfen muss. Darts hat es längst vom belächelten Pubsport zum Massenphänomen geschafft. Und wer kein Ticket für die Halle ergattert hat, sitzt vor dem Fernseher. In Großbritannien rechnet man mit acht Millionen Zuschauern. Zaubermann, Schlangenbiss und Co sorgen für Ekstase. (sid, APA, rie, 16.12.2015)