München – Der Rechtsstreit um das Testament von Cornelius Gurlitt (1932-2014) vor dem Oberlandesgericht (OLG) München ist einen wichtigen Schritt weitergekommen. Inzwischen liegt ein Gutachten vor, ob der umstrittene Kunsthändler beim Verfassen seines letzten Willens im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte war oder nicht.

Das Gutachten werde nun den Prozessbeteiligten zugesandt, sagte ein OLG-Sprecher. Sie hätten Gelegenheit zur Stellungnahme. Zum Inhalt des Gutachten sagte er nichts. Gurlitts Cousine Uta Werner hat das Testament angefochten, weil sie davon ausgeht, dass der alte Mann unzurechnungsfähig war. Bei ihr war das Gutachten nach Angaben eines Sprechers am Donnerstag noch nicht angekommen.

Der "Tagesspiegel" hatte zuvor berichtet, Gurlitts Testament, in dem er seine millionenschwere Bildersammlung dem Kunstmuseum Bern hinterließ, sei "anerkannt". Eine Entscheidung im Rechtsstreit sei noch nicht gefallen, betonte allerdings der Gerichtssprecher.

Das Amtsgericht München hatte Werners Forderungen zuvor abgelehnt und das Testament für rechtmäßig erklärt, die Gurlitt-Cousine legte Rechtsmittel gegen die Entscheidung ein.

Noch hunderte ungeklärte Verdachtsfälle

Der spektakuläre Schwabinger Bilderfund hatte die Kunstwelt 2013 in Atem gehalten. Damals wurde bekannt, dass bereits im Jahr 2012 rund 1280 Kunstwerke in Gurlitts Münchner Wohnung von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt worden waren. Zwei Jahre später tauchten weitere 238 Gemälde in seinem verwahrlosten Haus in Salzburg auf. Bei Hunderten davon bestand Verdacht auf Nazi-Raubkunst.

Eine Taskforce um Leiterin Ingeborg Berggreen-Merkel wurde eingesetzt, um die Herkunft der Bilder zu klären. Zum Jahresende stellt die Taskforce ihre Arbeit ein. In fünf Fällen erhärtete sich nach Ansicht der Experten der Raubkunst-Verdacht, Hunderte Fälle sind noch offen. Gurlitt war am 6. Mai 2014 gestorben, ohne seine Bilder noch einmal gesehen zu haben. (APA, 17.12.2016)