Markant haucht Wolfgang Pampel seine Stimme Harrison Ford seit dem ersten "Star Wars"-Film ein.

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Obwohl es nie einen persönlichen Kontakt gab, ist die Verbindung zwischen Harrison Ford (Foto) und seinem deutschen Synchronsprecher Wolfgang Pampel wohl eine auf Lebenszeit.

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Wien – Ob ihm der Film gefalle, könne er nicht sagen. Wolfgang Pampel hat bis jetzt nur wenige Szenen gesehen. Genau genommen nur jene, in denen Han Solo vorkommt. Und auch hier keine Details: "Der Bildschirm ist beim Sprechen dunkel, man sieht nur die Gesichter." Wolfgang Pampel ist der deutsche Synchronsprecher von Harrison Ford. Und das seit fast 40 Jahren. Was 1977 mit "Krieg der Sterne" begann, geht mit "Star Wars VII: Das Erwachen der Macht" weiter.

"Es waren Déjà-vu-Erlebnisse", so beschreibt Pampel im Gespräch mit dem STANDARD die Synchronisierungsarbeiten, die Anfang Dezember in Berlin stattfanden. "Nach so vielen Jahren die alten Helden wiederzusehen, ist merkwürdig und berührend zugleich." Damals, 1977, wurde er gefragt, ob er Probeaufnahmen machen wolle. Es habe geheißen, dass irgendein neuer US-Science-Fiction-Film ins Kino komme. "Zu mir haben sie gesagt: Synchronisieren Sie diesen gutaussehenden, jungen Mann." Das war ein 35-jähriger Schauspieler, der noch auf seinen Durchbruch wartete: Harrison Ford.

Verpflichtung auf Lebenszeit

38 Jahre später ist der 73-jährige Ford ein hochdekorierter Star und Pampel ein erfolgreicher Schauspieler und Synchronsprecher. Dutzende Ford-Filme wurden auf Deutsch synchronisiert. Ob "Star Wars", "Indiana Jones" oder "Blade Runner" – immer mit Pampels Stimme. Und ein Ende der Beziehung, die nie zu einem persönliche Treffen führte, ist nicht in Sicht. Denn weder Ford noch Pampel denken ans Aufhören. Der eine, weil er Filme am laufenden Band dreht, der andere, weil ihm das Synchronisieren Spaß macht und er sich dem Publikum verpflichtet fühlt. "Es ist fürchterlich, wenn ein bekannter Schauspieler eine neue Stimme bekommt", sagt der 70-jährige Pampel. Erst recht, wenn sie so markant ist wie seine. "Man kann das den Leuten nicht antun." Eine Art Verpflichtung auf Lebenszeit, die nie in einen langfristigen Vertrag gegossen wurde. Jede Rolle wird aufs Neue verhandelt.

"Reich werde ich damit nicht"

Eigentlich keine schlechten Karten, um ordentlich bezahlt zu werden, oder? "Theoretisch ja", sagt Pampel und relativiert gleich wieder. Es gehe ihm nicht ums Geld: "Reich werde ich damit nicht." Vor zwei Jahren sprach Pampel im STANDARD-Porträt von einer Gage, die rund 2.500 Euro pro Ford-Film betrage. Das sei noch aktuell, sagt er heute, "vielleicht ist es etwas mehr". Die Vergütung orientiere sich an der Anzahl der Takes, angemessen sollte sie sein. Schließlich müsse er für die Aufnahmen von seiner Heimat Altaussee nach Berlin fahren.

"Steriles" Arbeiten

Was beim ersten Stars-Wars-Film 1977 rund eine Woche dauerte, geht heute in zwei bis drei Tagen. Das Synchronisieren habe sich stark verändert, es sei "steril" geworden: "In früheren Zeiten sind wir zusammengekommen und haben den Film gesehen." Gesprochen wurde mit dem Partner. "Mehr Schauspiel, mehr Spannung" sei das gewesen. Ein gegenseitiger Stimulus, der inspirierend war. Als Beispiel nennt er den Film "Sabrina", eine Komödie aus dem Jahr 1995 mit Ford und Julia Ormond: "Spricht eine Schauspielerin neben einem, geht vieles von selbst. Sie wirft die emotionalen Bälle zu und man wirft sie zurück – oder eben umgekehrt."

Angst vor Raubkopien bei Aufnahmen

Es wäre viel einfacher, die gesamte Szene zu sehen und gemeinsam zu sprechen: "Heute muss jeder schauen, wo er mit seiner Fantasie bleibt." Der Regisseur erklärt die Szenen, um eine Vorstellung davon zu bekommen, aber: "Schön ist das nicht." Effizienzsteigerung ist ein Grund, die Angst vor Raubkopien der andere. Aber ohne Nachteile keine Vorteile: "Es geht wahnsinnig schnell und man muss die Fehler der Kollegen nicht in Kauf nehmen." Pampel würde es lieber mit dem Credo des bekannten deutschen Synchronsprecher Arnold Marquis (John Wayne, Bud Spencer) halten. Als Marquis im Studio zur Eile gemahnt wurde, habe er gesagt: "Ja, ja, meiner Putze muss es hinterher gefallen. Die fragt sich im Kino nicht, wie viele Anläufe ich gebraucht habe, sondern nur, ob es gut oder schlecht ist."

Nach 31 Jahren wieder Anthony Hopkins

War es vor vielen Jahren noch Gestöhne für Pornos, später das Sprechen von Schauspielern wie Gérard Depardieu, Michael Caine und Larry Hagman oder Hörbücher, ORF-Dokumentationen und Werbungen, ist es heute nur noch Harrison Ford. Die Ausnahmen heißen Larry Hagman und 2011 Anthony Hopkins in dem Episodenfilm "360". Hopkins synchronisierte er bereits einmal, nämlich 1980 in "Jahreszeiten einer Ehe" mit Shirley Mac Laine und Bo Derek. "Eine furchtbare Schmonzette", so Pampel. Nach so einer langen Pause sei das unglaublich spannend gewesen. Hopkins ist in der Zwischenzeit zum Star avanciert. Bei Hopkins gerät Pampel ins Schwärmen, er sei sensationell: "Seine Monologe sind ein Spannungsfeld zwischen seiner Präzision und dem Eindruck, dass er zögert, also Pausen einlegt. Das ergibt eine unglaubliche Wirkung."

Sprecher von Homer Simpson gestorben

"Dallas"-Fiesling Hagman hätte er gerne länger gesprochen, doch nicht weniger als der Tod trennte sie. Nach der Reanimation von "Dallas" 2012 habe ihn der Produzent angerufen und gesagt: "Auf eine lange, gute Zusammenarbeit." Doch Hagman starb bereits Ende 2012. Umgekehrt war es bei Homer Simpson und seiner deutschen Synchronstimme, Norbert Gastell, der Ende November 86-jährig starb. "Das ist der Albtraum eines Produzenten", sagt Pampel, "aber so ist das Leben." Das Entsetzen der Simpsons-Fans dokumentiere sehr gut, wie Figur und Stimme zur Einheit verschmelzen. "Das ist Identifikation."

Die Bühnen dieser Welt

Synchronisieren war für Pampel immer nur ein Nebenjob, "reich wird man davon nicht", sagt er, außer vielleicht in Berlin oder München. Schuftet man Schicht für Schicht, stimme das Salär: "Das ist Knochenarbeit." Pampel wurde 1945 in Leipzig geboren. In der DDR lernte er die Kunst des Schauspielens, bis er 1974 nach einem Gastspiel in Wiesbaden in der Bundesrepublik blieb. Später verschlug es ihn nach Berlin ins Schillertheater und dann nach Wien. Er spielte am Wiener Burgtheater, am Theater an der Wien, im Raimundtheater, in Filmen und Musicals. Die letzten Filmrollen waren 2013 in "Blutgletscher" und 2014 in "Die zweite Chance". Seine letzte Bühne war jene im Theater an der Josefstadt. In Pension ist er bereits, obwohl er nie offiziell Abschied als Schauspieler genommen hat. Die Option für ein Comeback hält sich der 70-Jährige offen.

"Star Wars" als Gesamtkunstwerk

Obwohl er zur Premiere geladen war, wird er den neuen Film frühestens Ende Dezember, vielleicht sogar erst im Jänner sehen. So eine lange Beziehung nimmt den Zunder, obwohl "Star Wars" schon ein besonderes Feuerwerk sei: "In der Gesamtheit ist das unübertroffen. Eine Unglaubliche Fantasie, die bis in alle Einzelheiten reicht und filmisch fantastisch umgesetzt wird." Alleine mit Geld und Special Effects lasse sich die Zuneigung des Publikums nicht erkaufen. "Das ist das Spannende an dem Gewerbe, sonst wäre es sinnlos und abgeschmackt." Im Kino versucht sich Pampel zu entspannen, auch wenn das bei eigenen Filmen nicht immer leichtfällt. Und bei "Star Wars"? "Bei gewissen Szenen kann es passieren, dass ich mir denke: Hätte ich gewusst, wie die Zusammenhänge sind, hätte ich es anders gemacht." (Oliver Mark, 17.12.2015)

Video von UPC: Wolfgang Pampel spricht Harrison Ford

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