Gestrandete Kubaner in La Cruz in Costa Rica.

Foto: AFP/EZEQUIEL BECERRA

San José / Puebla – Die vor einem Jahr verkündete Annäherung zwischen Kuba und den USA zeitigt die ersten, freilich unerwarteten Resultate: eine Flüchtlingsbewegung. Zehntausende Kubaner haben in den vergangenen zwölf Monaten die Insel verlassen. Sie fürchten, dass durch die Annäherung bald ein Gesetz fällt, wonach kubanische Flüchtlinge beim Betreten von US-Boden automatisch ein Bleiberecht haben.

"Die wirtschaftliche Annäherung ist gut, aber das reicht nicht, um mein Leben zu verbessern", sagte ein geflüchteter ehemaliger kubanischer Regierungsbeamter in einer Herberge im mexikanischen Tapachula. Er flog wie viele andere zunächst nach Ecuador – dem einzigen südamerikanischen Land, in dem es bis vor kurzem keine Visumspflicht für Kubaner gab – und reiste dann über den Landweg weiter bis nach Mexiko.

Laut US-Grenzbehörden erreichten bislang 43.159 Kubaner die USA, zwei Drittel davon über die Landgrenze in Texas. Im November kam der Flüchtlingsstrom jedoch zum Erliegen, denn Nicaragua blockierte kurzerhand den Grenzübergang nach Costa Rica. Seither campieren dort rund 6000 Flüchtlinge, weitere 1500 befinden sich in Panama.

Ortegas Motive unklar

Was genau Nicaraguas Präsidenten Daniel Ortega zu diesem Schritt bewegt hat, ist unklar. Offiziell wirft er Costa Rica vor, Nicaraguas Souveränität zu verletzen. Doch die Monate zuvor ließ Ortega die Kubaner gewähren. "Alle Transitländer haben die Kubaner durchreisen lassen. Das war eine stillschweigende Absprache", sagte Costa Ricas Außenminister Manuel González. Er vermutet, Ortega wolle Druck ausüben, da es Grenzkonflikte zwischen den beiden Ländern gibt.

Aber auch die USA sind an dem regionalen Poker mit den Flüchtlingen beteiligt. US-Präsident Barack Obama hat im Vorwahlkampf offenbar keinerlei Interesse, die Migrationsdebatte anzuheizen. Ecuador verhängte daher auf US-Druck am 1. Dezember wieder die Visumspflicht für Kubaner.

Luftbrücken abgelehnt

Was mit den Gestrandeten passiert, bleibt unklar. Ende November scheiterte ein Regionalgipfel, auf dem Costa Rica vergeblich einen humanitären Korridor forderte. Den USA nahestehende Länder wie Guatemala und Belize lehnten alternative Lösungen wie Luftbrücken vehement ab, auch Mexiko hielt sich bedeckt.

Costa Rica könne nicht unbegrenzt für die Flüchtlinge sorgen, erklärte nun Präsident Guillermo Solís, der den kubanischen Amtskollegen Raúl Castro um Fürsprache bei Ortega bat. Die kubanische Haltung in der Krise ist allerdings undurchsichtig. Das Außenministerium erklärte auf alle Fälle, dass alle gestrandeten Kubaner wieder zurückkehren könnten. (Sandra Weiss, 17.12.2015)