Irmgard Griss wird antreten. Das ist eine positive Entwicklung, weil es ein Zeichen für Bürgersinn und Engagement abseits der ausgefahrenen Wege der Parteipolitik ist. Was ihr aber fehlt, ist eine Vertrautheit mit dem Handwerk der Politik. Das muss nämlich auch ein Bundespräsident, den viele als Grüßaugust betrachten, gut beherrschen.

Das zeigte sich bei zwei Vorgängen in der Amtszeit von Bundespräsident Heinz Fischer: Im Jahr 2013 musste auf Druck der USA die Maschine des bolivianischen Präsidenten Evo Morales landen. Die Amis wollten das aus Moskau kommende Flugzeug nach dem NSA-"Verräter" Edward Snowden durchsuchen. Dass die Sache ohne schwere Beschädigung für Österreichs Souveränität abging, ist großteils Fischer zu verdanken. Im selben Jahr sprach er sich auch erfolgreich gegen eine ebenso populistische wie fragwürdige Idee aller (!) Parteien aus, die Verfassung in Richtung plebiszitäres System zu ändern.

Irmgard Griss traut sich derlei sicher auch zu. Vielleicht geht das auch ohne politische Erfahrung, vielleicht nicht. Von ihrer Weltanschauung her ist sie eine weltoffene Konservative und liberale Katholikin. Ihre Schlüsselwörter sind "Ordnung", "Leistungsfreundlichkeit" und "Rechtsstaat". Sie scheut sich aber, die demokratiepolitisch bedenklichen Seiten der FPÖ klar anzusprechen. Und eine gewisse Politik(er)verachtung blitzt durch. Da sind noch Fragen offen. (Hans Rauscher, 17.12.2015)