New York – Der UN-Sicherheitsrat hat am Freitag einstimmig eine Resolution für einen Friedensprozess in Syrien verabschiedet. Darin werden der in den Wiener Gesprächen beschlossene Zeitplan für die Bildung einer Übergangsregierung und Wahlen in dem Bürgerkriegsland bestätigt.

Die Resolution beauftragt den UN-Sondergesandten für Syrien, Staffan di Mistura, die Friedensgespräche zwischen der syrischen Regierung und der Opposition Anfang Jänner einzuleiten, nach Angaben des deutsche Außenministers Frank-Walter Steinmeier sollen die Verhandlungen dann in der zweiten Jänner-Hälfte beginnen. Binnen eines Monats sollen die Vereinten Nationen zudem Möglichkeiten zur Überwachung eines Waffenstillstands präsentieren.

Im Text der Resolution werden auch alle Kriegsparteien aufgefordert, unverzüglich die Angriffe auf Zivilisten und zivile Einrichtungen einzustellen. Das syrische Volk soll dem Dokument zufolge selbst über die Zukunft seines Landes entscheiden. Auch wenn noch Unstimmigkeiten in vielen Details bestehen – das Schicksal von Machthaber Bashar al-Assad wird beispielsweise nicht angesprochen – ist die Resolution ein wichtiges Symbol für eine russisch-amerikanische Einigkeit, was das Ziel einer politischen Lösung in Syrien betrifft.

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Von links nach rechts bei der Abstimmung im UN-Sicherheitsrat: Russlands Außenminister Sergej Lawrow, Spaniens Außenminister José García-Margallo y Marfil, der britische Außenminister Philip Hammond, UN-Generalsekretär Ban Ki-moon und US-Außenminister John Kerry.
Foto: APA/EPA/ANDREW GOMBERT

Über den Resolutionstext war bei einem Treffen der Außenminister von 17 Ländern seit dem Vormittag gerungen worden. "Es war eine schwere Geburt", sagte Steinmeier nach dem stundenlangen Ringen der fünf UN-Veto-Mächte um den Resolutionstext. Er zeigte sich dennoch zufrieden. Die Einigung zeige, dass der Wiener Prozess nicht nur lebe, sondern auch langsam vorankomme. Das kommende Jahr werde jedoch schwierig. "Uns muss bewusst sein, dass, wenn es um Details geht, wir auch Rückschläge erleben werden. Aber mit Blick auf das, was sich seit fünf Jahren in Syrien ereignet, ist jeder Aufwand lohnend", sagte Steinmeier.

Umstritten war nach Angaben aus Diplomatenkreisen vor allem, welche Gruppen als Terrororganisationen eingestuft und damit vom Friedensprozess ausgeschlossen werden sollen. Die Golfstaaten etwa unterstützen bewaffnete Milizen im Kampf gegen Assad, die Russland, das seine Hand über Assad hält, als Extremistenorganisationen einstuft. Einigkeit herrscht aber darüber, dass die Islamisten-Miliz IS und der Al-Kaida-Ableger al-Nusra nicht an den Friedensgesprächen beteiligt und weiter bekämpft werden sollen.

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon (links), US-Außenminister John Kerry (Mitte) und Russlands Außenminister Sergej Lawrow (rechts) bei den Gesprächen in New York.
Foto: AFP PHOTO/POOL/JEWEL SAMAD

Russland und Iran zuvor pessimistisch

Sowohl Russland als auch der Iran – Assads Schutzmächte – hatten zuvor Zweifel daran geäußert, dass eine Resolution am Freitag zustandekommt. Der deutsche Außenminister Steinmeier warb hingegen mit Nachdruck für eine Resolution. Damit könnten die Wiener Beschlüsse "völkerrechtlich verfestigt" werden. "Das Ziel ist und bleibt, im Laufe des heutigen Tages noch eine Sitzung des Sicherheitsrates hinzubekommen, um das, was hier vereinbart werden kann, dort im Sicherheitsrat und damit in den Vereinten Nationen zu verankern", sagte Steinmeier.

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Außenminister aus 17 Staaten trafen sich am Freitag in New York.
Foto: REUTERS/Jewel Samad

Der Bürgerkrieg in Syrien müsse enden, damit die Extremistenmiliz IS künftig keinen sicheren Zufluchtsort mehr habe, betonte US-Präsident Barack Obama unterdessen in einer Pressekonferenz im Weißen Haus. Derzeit sei der IS zwar in der Defensive, er werde aber auf geraume Zeit gefährlich bleiben. Die Miliz sei fähig, ihre Kämpfer in westliche Länder einzuschleusen und rekrutiere weiter neue Anhänger über die sozialen Medien. Das internationale Bündnis unter Führung der USA werde den IS jedoch besiegen. Was Syrien angehe, so könne sich das Land nicht stabilisieren, solange Assad Präsident sei.

US-Außenminister John Kerry sieht nach der Verabschiedung der Resolution eine neue Chance für eine militärische Zusammenarbeit mit Russland im Kampf gegen den IS. Die Tür für eine Kooperation sei jetzt deutlich weiter offen, sagt Kerry bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow.

Rolle Assads unklar

Die künftige Rolle Assads bleibt auch bei den internationalen Verhandlungen der größte Streitpunkt. Russland und der Iran stehen fest zu ihm. Steinmeier sagte dazu: "Wir haben uns entschlossen, diese Frage nicht im Augenblick zu entscheiden, sondern nach Wegen zu suchen, wie wir auf einen Weg hin zu einem Waffenstillstand vorankommen."

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Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier bei der Syrien-Konferenz in New York.
Foto: APA/EPA/JUSTIN LANE

Syriens Opposition schließt eine politische Lösung für den Bürgerkrieg ohne einen Abtritt Assads aber weiterhin aus. Assad müsse zu Beginn einer Übergangsphase seine Macht abgeben, erklärte der Verhandlungskoordinator der syrischen Regimegegner, Riad Hijab, am Freitag in der saudischen Hauptstadt Riad. Die Opposition werde in dieser Frage keine Kompromisse eingehen.

Hijab leitet ein Komitee, das die zersplitterten Gruppen der syrischen Opposition zur Vorbereitung von Friedensgesprächen gebildet haben. Die Verhandlungen sollen nach dem Willen der internationalen Gemeinschaft bereits im Jänner beginnen. Vor allem das Schicksal Assads ist zwischen den Konfliktparteien umstritten.

Hundertausende Tote, Millionen auf der Flucht

Im syrischen Bürgerkrieg sind bisher mehr als 250.000 Menschen gestorben. Der Konflikt ist auch einer der Hauptgründe für die Flüchtlingskrise. Elf Millionen Syrer haben ihre Heimat verlassen. Etwa vier Millionen davon sind im Ausland auf der Flucht. Viele davon halten sich mittlerweile auch in Deutschland auf.

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Duma, ein Vorort von Damaskus, ist derzeit besonders umkämpft.
Foto: Douma Revolution via AP

Am Donnerstag hatte der UN-Sicherheitsrat bereits einstimmig eine Resolution verabschiedet, mit der die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) vom Geldzufluss abgeschnitten werden soll. Auch mit dem IS verbundene Organisationen dürfen nun mit Strafmaßnahmen belegt werden. Das Dokument baut auf einer Resolution vom Februar auf, deren Ziel es ist, die Geldquellen des IS auszutrocknen. Dazu zählen unter anderem der illegale Handel mit Öl und Antiquitäten, Lösegeld und Spenden.

UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon hat die Verabschiedung des neuen Friedensplans als große Chance für Syrien bezeichnet. "Wir dürfen diese Gelegenheit nicht verstreichen lassen", sagte Ban am Freitagabend in New York. "Die Vereinten Nationen stehen bereit, alles ihnen Mögliche zu tun, damit dieser Versuch gelingt." (APA, Reuters, red, 18.12.2015)